Ungarn-Besuch des CSU-Chefs: Seehofer ortet Wende bei Merkel

Seehofer und Orbán demonstrieren in Budapest Einigkeit. Überraschend stellen sie sich hinter Merkel – allerdings mit Interpretationsspielraum.

zwei Männer in Anzügen reichen sich die Hand, neben ihnen Fahnen von Deutschland, Bayern, Ungarn und der EU

Besuch, Gegenbesuch...: Seehofer und Orbán verbindet eine rechte Männerfreundschaft. Foto: dpa

WIEN taz | Damit es keine zweifel gibt, stellte Viktor Orbán klar: „Wir sind daran interessiert, dass es eine starke Bundesregierung und starke Bundeskanzlerin gibt.“ Nach einem Treffen mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer am Freitag in Budapest wollte Ungarns Premier jeden Verdacht einer Verschwörung gegen Angela Merkel ausräumen. Seehofer nickte zustimmend. Er könne Orbáns Aussagen, nur „dick unterstreichen“. Beim bevorstehenden EU-Gipfel zur Flüchtlingsfrage wünsche er Merkel „von ganzem Herzen“ Erfolg.

Seehofer ist mit der Kanzlerin so zufrieden, weil er eine Wende in ihrer Flüchtlingspolitik beobachtet. Die machte er am Verhalten Merkels zur Grenzsperre Mazedoniens fest. In Griechenland sitzen zehntausende Flüchtlinge fest. „Es wird jetzt nicht gesagt, das Problem lösen wir dadurch, dass ich die Flüchtlinge nach Deutschland bringe“, sagte Seehofer: „Wenn das keine Wende ist!“

Diese Haltung sei richtig. „Das bringt wiederum die EU verstärkt in den Druck, endlich mal an den Außengrenzen den Ländern zu helfen, die dann mit diesem Problem zwangsläufig zu tun haben.“ Italien und Griechenland bei der Kontrolle der EU-Außengrenzen allein zu lassen, sei ein Fehler gewesen, den Seehofer der EU-Kommission anlastet.

Orbán versicherte, dass sich an seiner Haltung in der Flüchtlingsfrage nichts geändert habe. Auf dem EU-Flüchtlingsgipfel mit der Türkei am kommenden Montag werde Ungarn keine Vereinbarung unterstützen, durch die Asylsuchende aus der Türkei seinem Land zugeteilt werden: „Wir glauben, dass wir fähig sein sollten, die Grenzen luftdicht zu versiegeln“. Nicht einen Flüchtling wolle Ungarn aufnehmen. In dem Punkt war sich Orbán mit seinem Gast nicht einig, der auf Dauer eine Lösung nur in „europäischer Solidarität“ sieht.

Seehofers Budapest-Besuch war im Vorfeld nicht nur von der Opposition, sondern auch vom Vizekanzler kritisiert worden: „Statt Merkel zu unterstützen, verbündet er sich mit ihrem größten Gegner“, sagte Sigmar Gabriel (SPD) am Freitag in der Bild-Zeitung. Er bezeichnete es als „verantwortungslos“, der Kanzlerin vor dem entscheidenden Gipfel „derartig in den Rücken zu fallen“. Für Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen, sind die Männerfreundschaften Seehofers mit Viktor Orbán und Russlands Präsident Wladimir Putin „eine einzige Peinlichkeit“.

Seehofer steht zu seinen Freundschaften. Er lud Orbán zu einem Besuch in seine Heimatstadt Ingolstadt ein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.