Unser Opferfest am Rande der Stadt: Der Schweine-Deal

Die Organisation unseres Opferfestes habe ich diesmal meinem kommunistischen Sohn Mehmet überlassen. Das hätte ich nicht tun dürfen.

Ein Schwein schnüffelt in einem Mastbetrieb.

Zum Schächten ungeeignet: Schwein in einem niedersächsischen Mastbetrieb Foto: dpa | Sina Schuldt

Lieber Onkel Ömer,

wie geht es Dir und wie geht es meiner lieben Tante Ülkü?

Wie geht’s der hübschen Kuh Pembe, wie geht’s der schwarz gepunkteten Ziege Fatima, wie geht’s Deinem störrischen Esel Tarzan und wie geht’s unserem guten, alten Dorfvorsteher Hüsnü?

Lieber Onkel Ömer, da unser Balkon in den letzten Jahren beim Opferfest als Tatort für eine anständige Schächtung bei den deutschen Nachbarn keine richtigen Beifallsstürme hervorrief, hat mein kommunistischer Sohn Mehmet das Geschäft diesmal über das moderne Internet abgewickelt. Heute Morgen, zu Beginn des Opferfestes, haben wir uns mit dem Schlachtermeister am Rande der Stadt auf einer großen Wiese getroffen.

Mehmet hatte allerdings einen deutschen Schlachter bestellt. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis ich dem Mann den arabischen Spruch beigebracht hatte, den er während des Schächtens laut aufsagen muss, damit das Fleisch Halal wird.

Was aber gleich darauf aus seinem Transporter rausspazierte, hatte leider nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Lamm. Man hätte es sogar für ein Schwein halten können! Für ein echtes Schwein!

„Bei Allah, das ist ja ein echtes Schwein“, brüllte ich kurz danach erschrocken. „Ja, und ein richtig fettes dazu“, rief der Schlachtermeister Rudolf mit stolzgeschwellter Brust. „Aber was soll ich denn mit einem Schwein?! Moslems dürfen Schweine nicht mal riechen, geschweige denn essen“, stotterte ich schockiert.

Ich stehe hier mitten in der Pampa mit einem dicken Schwein rum

„Herr Engin, ich hab mitgebracht, was Ihr Sohn online bei mir bestellt hat“, tat der Schweineverkäufer unschuldig. Bei Allah, der blöde Mehmet hatte zum Opferfest tatsächlich ein Schwein bestellt! Ich kochte vor Wut! Ich war so verzweifelt, dass sogar das Schwein mich mitleidig anschaute – mein Sohn aber nicht! „Vater, du hast nicht gesagt, dass du unbedingt ein Lamm haben willst. Ich hab mir gedacht, dass ein leckeres Schwein zur Abwechslung mal gar nicht so schlecht wäre, außerdem ist es wesentlich billiger.“

„Ich fass es nicht! Deine Mutter und die ganzen Nachbarn warten auf frisches Lammfleisch, und ich stehe hier mitten in der Pampa mit einem dicken Schwein rum“, brüllte ich fassungslos. „Vater, stell dich doch nicht so an! Denkst du etwa, dass unsere Nachbarn Lammfleisch von Schweinefleisch unterscheiden können? Mach dir keine Sorgen, so ein Schweinesteak schmeckt richtig gut“, sagte er und schnalzte mit der Zunge.

Verärgert stieg ich in meinen Ford-Transit und ließ den Schlachtermeister Rudolf und die beiden Schweine dort einfach stehen. Dieses Jahr haben wir also gar kein Schaf geschlachtet und auch kein Schwein.

Meine feministische Tochter Nermin meinte eben, dass das auch eine gute Tat sei, einem armen Tier das Leben zu retten. Ich bin hier von lauter Ungläubigen umzingelt, musst Du wissen. Und damit meine ich keineswegs nur die Deutschen!

Lieber Onkel Ömer, pass gut auf Dich auf, bleib gesund, iss genug Knoblauch und grüß Tante Ülkü von mir.

Dein Dich über alles liebender Neffe aus Alamanya,

Osman

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