Untersuchung zu Chemiwaffeneinsatz: UN-Experten haben Syrien verlassen

Die letzten UN-Chemiewaffenexperten sind im Libanon eingetroffen. Mit der Abreise wächst die Wahrscheinlichkeit eines Militärschlags gegen das Regime in Damaskus.

Ankunft im Libanon: UN-Konvoi. Bild: ap

ISTANBUL/BEIRUT dpa | Nach dem Abschluss ihrer Untersuchungen in Syrien haben die UN-Chemiewaffenexperten das Land verlassen. Ein Sprecher der Vereinten Nationen in Syrien sagte am Samstag, dass die zwölf Inspekteure um Missionsleiter ¿ke Sellström abgereist sind.

Solange sich die Delegation in Syrien aufhielt, galt ein von den USA geführter Militärschlag gegen das syrische Regime als Reaktion auf einen mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz mit Hunderten von Toten nahe Damaskus als unwahrscheinlich. Wann erste Ergebnisse der UN-Untersuchungen vorliegen werden, ist bislang nicht klar.

Nach Angaben von Augenzeugen trafen die Inspekteure am Vormittag am internationalen Flughafen der libanesischen Hauptstadt Beirut ein. Zuvor hatte der Autokonvoi die syrisch-libanesische Grenze bei Masnaa überquert. Die Inspekteure wollten von Beirut aus nach Europa weiterreisen. Insgesamt befanden sich am Freitagabend nach Angaben der Vereinten Nationen noch mehr als 1.000 UN-Mitarbeiter in Syrien.

Ergebnisse erst in 10 bis 14 Tagen

Nach Angaben der Vereinten Nationen ist noch unklar, wann der Untersuchungsbericht der Inspekteure veröffentlicht werden kann. Aus westlichen Diplomatenkreisen hieß es, es werde mindestens 10 bis 14 Tage dauern, bis die Ergebnisse vorliegen könnten. Die Chemiewaffenexperten hatten ihre Untersuchungen am Freitag nach fünf Tagen beendet.

Die USA sind schon jetzt überzeugt, dass das syrische Regime chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt hat. Dafür gibt es laut Außenminister John Kerry „klare und schlüssige“ Beweise. US-Präsident Barack Obama erwägt deshalb einen „begrenzten“ Einsatz in dem Land. Er habe jedoch noch keine Entscheidung über eine Militärintervention getroffen, sagte Obama am Freitag in Washington.

Russland kritisierte die Aussagen Obamas scharf. „Diese Drohungen sind unannehmbar“, teilte das Außenministerium in Moskau in der Nacht zum Samstag mit. Sogar enge Verbündete der USA würden sich für ein ruhiges Abwägen der weiteren Schritte aussprechen. „Das einseitige Anwenden von Gewalt unter Umgehung des Weltsicherheitsrats bedeutet ein Verstoß gegen internationales Recht, erschwert eine politische Lösung und bringt nur weitere Opfer“, betonte Ministeriumssprecher Alexander Lukaschewitsch. Russland ist ein enger Verbündeter Syriens.

Aus arabischen Diplomatenkreisen verlautete nach Angaben der kuwaitischen Zeitung Al-Kabas derweil, dass mit Militärschlägen spätestens an diesem Sonntag gerechnet werde. Nach der Abreise der Inspekteure gehe es nun lediglich noch um Stunden, berichtete das Blatt. Die Intervention werde von verschiedenen Stützpunkten aus gelenkt werden – unter anderem in der Türkei, Jordanien, Griechenland und Zypern, hieß es in der Zeitung weiter.

Der ehemalige deutsche UN-Botschafter Gunther Pleuger kritisierte das Vorgehen Washingtons. Im Deutschlandfunk sagte er am Samstag: „Man wird natürlich schon an Irak erinnert, wo solche (...) angeblichen Beweise vorgelegt wurden, und alle nicht stimmten.“ Die USA sollten den Bericht der UN-Inspekteure abwarten. Pleuger hatte Deutschland von 2002 bis 2006 bei den Vereinten Nationen vertreten.

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