Uran-Thriller auf Arte: Milliarden unter dem Wüstenstaub

Militär, Staat, Konzern, Umweltorganisation: Die richtigen Zutaten für einen packenden Thriller über den Abbau von Uran in der Wüste des Nigers. Und sehr nah an der Realität.

Kann Hélène (Natacha Régnier) darauf vertrauen, dass die Pariser Regierung tatsächlich alles versucht, um ihre zwei entführten Kollegen zu befreien? Bild: Arte

"Eure zwei Ökos da, die können ruhig noch ein paar Tage bei Wasser und Brot verbringen." Atom-Lobbyist Jean-Xavier Montignac ist ein kalter Stratege, wenn es um die Interessen seines Konzerns in Westafrika geht. Aber der spannende Politthriller "Stahlende Wüste", den Arte zeigt, erzählt die Geschichte einer fiktiven Geiselnahme eines Arztes und einer Nuklearphysikerin nur vordergründig. Dahinter schimmern die beunruhigenden Folgen des Uranabbaus in einem der ärmsten Länder der Welt.

Die beiden unabhängigen französischen Wissenschaftler werden im Niger von Tuareg-Rebellen entführt. Paris schickt den als Hardliner bekannten Diplomaten Hugo Geoffroy (verbissen: Laurent Lucas), um zu verhandeln. In Niamey angekommen, gerät er schnell in das zwielichtige politische Dickicht der Wirtschaftsinteressen seines Heimatlandes in der Region Agadez. Zeit hat Geoffroy keine. Die nigrische Regierung pokert gerade mit der Urania, einem französischen Atomkonzern, um einen höheren Förderungspreis für den Brennstoff.

Dummerweise hatten die Geiseln radioaktive Proben rund um Minen der Urania gesammelt. Würden die Ergebnisse publik, wäre die Verhandlungsposition des Unternehmens massiv geschwächt. Das Außenministerium an der Seine will die Freilassung hinauszögern. Der Unterhändler sträubt sich aber zunehmend gegen die Dienstanweisung. Auch weil die mittlerweile eingetroffene Hélène Morange (Natacha Régnier), Vertreterin der Umweltschutzorganisation "C.I.R", bei ihm gründlich die Zweifel an den Methoden der Regierungen und des Konzerns nährt.

Spielbälle eines Staatenkonflikts

Regisseur Fred Garson setzt den komplexen Hintergrund mit harten Schnitten und einem erstaunlichen Erzähltempo um. Der Film selbst wird zum fragwürdigen Ultimatum. Alle Beteiligten werden – schauspielerisch überzeugend verkörpert – letztlich zu Spielbällen eines ernsten Staatenkonflikts. Am Ende putscht das Militär und die problembefreite Urania strahlt.

Brisant ist die Arte France Produktion aber wegen seiner Realitätsnähe: Der Atomriese Urania erinnert an den milliardenschweren französischen Staatskonzern Areva, dem weltweiten Spitzenreiter auf dem Feld der Nukleartechnik.

Im Niger sind seit 1968 über 100.000 Tonnen Uran gefördert worden. Areva betreibt Minen in der Wüstenregion um Arlit, in der auch "Strahlende Wüste" spielt. 2010 veröffentlichte Greenpeace den Report "Left in the Dust", der auf überhöhte Strahlungswerte, kontaminiertes Trinkwasser und gehäufte Krebsfälle unter den Minenarbeitern hinwies.

Konkurrenz das größere Problem

Areva verwies in einem Gegenbericht auf die eigenen bis dato unbedenklichen Kontrollergebnisse und entfernte beispielsweise verseuchtes Gesteinsmaterial, das zum Straßenbau verwendet worden war. Zweifel sind geblieben. Ernste Probleme bekommt die Urania im Film auch nur mit Firmen aus China, die ebenfalls auf die Schürfrechte schielen.

Über diese Konkurrenz, "die hier überhaupt keine Vergangenheit hat", kann sich dann am Ende der Lobbyist Jean-Xavier Montignac auch richtig aufregen. Schön gesagt. Der Niger war bis 1958 eine lukrative Kolonie der Franzosen und ist es im Hinblick auf die europäische Energieversorgung bis heute geblieben.

"Strahlende Wüste", 2.12.2011, 20.15 Uhr, Arte

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