Utopie für Kneipen: Über den Zapfhahn hinaus gedacht

Be­trei­be­r*in­nen und Gäste des „Horner Eck“ wollen ihre Kneipe retten. Das Haus soll bald denen gehören, die darin am Tresen sitzen.

Eine Straßenecke im Bremer Viertel. Links sieht man die Kneipe "Horner Eck" und Menschen, die davor sitzen

Die Kneipe im Sonnenschein. Für die Menschen aus dem Horner Eck soll es am besten immer so bleiben Foto: Horner Eck eG

BREMEN taz | Montags hat das Horner Eck geschlossen. In der urigen Eckkneipe, die mitten im für seine Kultur- und Kneipenszene bekannten Bremer Steintorviertel liegt, ist es dennoch belebt. Montags trifft sich nur das Team des Horner Ecks in der Kneipe. An den meisten anderen Abenden der Woche sitzen oft an jedem der dunklen Holztische Gäste, die Biere und andere Getränke trinken, schnacken und rauchen.

Die seit 2019 genossenschaftlich geführte Kneipe ist über die letzten Jahre ein Anziehungspunkt für alle Alters­klassen geworden. Studierende und ältere Stammgäste kommen bei den Konzerten und Ausstellungen, die hier stattfinden, zusammen.

Illustration von Ali Arab Purian

🐾 Von der Kneipe an der Ecke bis zum solidarischen Garten in Bogotá: Junge Au­to­r*in­nen haben sich auf die Suche nach utopischen Ideen begeben. Die dabei entstandenen Artikel haben sie in einer Sonderausgabe der taz veröffentlicht.

Derzeit gibt es für das Team besonders viel zu besprechen. Der Eigentümer des Hauses, in dem die Kneipe liegt, will es verkaufen. Das bedeutet Ungewissheit. „Jeder neue Käufer kann mit dem Haus machen, was er will. Wir könnten als kleine Eckkneipe nicht die Miete zahlen, die hier rauskommen würde, wenn das Haus gewinnbringend verkauft wird“, sagt Lilja Girgensohn. Sie ist Teil der Horner-EckHaus-Genossenschaft. Die Belegschaft der Kneipe und einige Stammgäste gründeten diese, um der Ungewissheit zuvorzukommen und das Haus nun selbst zu kaufen.

Die etwa 15 jungen Menschen der Hausgenossenschaft suchen seit Frühling dieses Jahres Un­ter­stüt­ze­r*in­nen, die sich finanziell beteiligen, um den Kauf zu ermöglichen. Mehr als die Hälfte der benötigten 500.000 Euro sei so bereits gesammelt worden, sagt Genossenschaftsmitglied ­Leonie Schubert, die lange auch im Horner Eck gearbeitet hat. Es brauche aber noch die Beteiligung vieler weiterer Menschen, denen das Viertel, so wie es jetzt ist, wichtig sei, um das Haus zu erhalten, sagt Schubert.

Im Haus soll es Kunst, Kultur und günstigen Wohnraum geben

Die Genossenschaft will Haus und Kneipe nach dem Kauf auch weiterentwickeln. Gemeinsam will man den Traum eines eigenen, selbstverwalteten Raums erfüllen und das Horner Eck zu einem generationsübergreifenden und barrierearmen Begegnungsort machen. Über der Kneipe soll Wohnraum mit günstigen Mieten entstehen.

Die Kneipe selbst könnte um einen Veranstaltungsraum erweitert werden und dadurch als Kunst- und Kulturraum wachsen, der auch tagsüber genutzt werden könnte. „Wir hätten oben außerdem noch ein Büro und könnten einen Schlafraum für Künst­le­r*in­nen einrichten. Wir könnten unser Residenzprogramm weiterentwickeln“, sagt Schubert.

Weitere Ideen sind Lesungen und die Einrichtung von Proberäumen. Zentral sei jedoch, langfristig bleiben zu können und die traditionelle Kneipe, und damit ein Stück Viertel, zu erhalten. „An den unmittelbaren Strukturen würde sich nicht viel ändern, denn wir sind schon jetzt eine basisdemokratische Kneipengenossenschaft“, sagt Girgensohn. „Mit einem Haus, das uns gehört, sind wir viel freier darin, diesen Experimentierraum, der das Horner schon immer war, weiterzuführen.“

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