Verfahren gegen Anti-Nazi-Aktivistin: Rechte müssen Stinkefinger ertragen

Eine Aktivistin hatte NPD-Unterstützern den Mittelfinger gezeigt. Ein Gericht in Brandenburg stellt das Verfahren wegen Beleidigung gegen sie nun ein.

Demonstranten zeigen den Mittelfinger

Ist ok, wenn er sich auf Nazis bezieht: Ein linker Aktivist zeigt den Mittelfinger. Foto: dpa

BERLIN taz | Den Rechten den Mittelfinger zeigen wollen in diesen Tagen viele. Zumindest bei Irmela Mensah-Schramm bleibt das auch straffrei. Sie hatte sich am 31. Januar an Protesten gegen eine Kundgebung der rechtsextremen NPD in Blankenfelde im Landkreis Teltow-Fläming beteiligt. Als Zeichen der Missbilligung hatte sie ihren Mittelfinger in Richtung des rechten Aufmarschs in die Höhe gestreckt. Einer der Teilnehmer erkannte offenbar die bekannte 1945 geborene Anti-Nazi-Aktivistin und erstattete daraufhin Anzeige.

Mensah-Schramm erhielt wegen Beleidigung einen Strafbefehl über 450 Euro. Dagegen legte sie Widerspruch ein. Eigentlich sollte an diesem Donnerstag vor dem Amtsgericht Zossen darüber verhandelt werden, ob das Strecken eines Mittelfingers – sprich des Stinkefingers – in Richtung einer rechten Kundgebung strafbar ist.

Doch einen Tag vorher stellte die Richterin das Verfahren ein und sagte den Termin ab. Man habe dies „wegen geringem Verschulden und fehlendem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung“ entschieden, teilte eine Sprecherin des Gerichts am Mittwoch mit.

Martin Vesely vom Verein Opferperspektive aus Potsdam sieht die Einstellung als Erfolg. Er kann nicht verstehen, warum es überhaupt zum Strafbefehl gekommen ist. Es sei klar, dass nach einer Anzeige ermittelt werden muss. Dass aber das Verfahren nicht bereits in der Anfangsphase eingestellt wurde, sei ein Rätsel.

„Betroffene rechter Gewalt müssen teilweise jahrelang auf die prozessuale Verfolgung der Gewaltstraftaten warten. Eine Frau, die für ihr langjähriges zivilgesellschaftliches Engagement gegen rechte Propaganda sogar mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet wurde, sollte dagegen wegen einer Lappalie einer Strafverfolgung ausgesetzt werden“, sagte Vesely der taz.

Die seit 1969 in Berlin lebende Irmela Mensah-Schramm entfernt seit Mitte der 80er Jahre in der gesamten Republik Neonaziaufkleber. Dafür wurde sie vielfach gelobt und ausgezeichnet, geriet aber immer wieder ins Visier von Neonazis, die sie bedrohten und auch körperlich attackierten.

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