Volkswirtschaften: Alle wollen Handel mit Gaddafi

Libyen ist zu einem begehrten Investitionsziel geworden - und hilft der EU im Kampf gegen illegale Migration.

Begehrter Geschäftsmann: Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi Bild: dpa

BERLIN taz Lange war Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi internationaler Buhmann - heute rennen ihm Investoren die Türen ein. Politische Kritik mit Folgen muss Libyen von der EU nicht fürchten. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft ist Libyen das derzeit interessanteste Land in Afrika.

Libyen, wo sich auf 1,7 Millionen Quadratkilometern 6 Millionen Einwohner verlieren, hat mit 41,5 Milliarden Barrel die größten nachgewiesenen Ölreserven des Kontinents. Von den libyschen Ölexporten gehen heute 90 Prozent nach Europa, vor allem nach Italien und Deutschland. Die Ölförderung soll bis 2012 von 1,7 Millionen Barrel pro Tag auf 3 Millionen steigen. Dafür werden Milliardeninvestitionen gesucht.

Libyen hat sehr viel Geld und eine sehr ehrgeizige Regierung. Im globalen Ranking der Volkswirtschaften des Davos-Weltwirtschaftsforums steht Libyen auf Platz eins weltweit.

So war Libyen die erste Station der Afrika-Abschiedsreise des britischen Premierministers Tony Blair Ende Mai, und während dieser Reise kehrte der Ölriese British Petroleum (BP) nach 30 Jahren Abwesenheit nach Libyen zurück, mit einem Vertrag über Investitionen von 900 Millionen Dollar. Der britisch-niederländische Ölmulti Shell fasste 2005 in Libyen Fuß, Exxon aus den USA im Februar dieses Jahres. Nächsten Monat wird Libyen beginnen, 41 Erdgasfelder zu versteigern. im Juni kaufte der US-Investor "Colony Capital" für 4 Milliarden Euro einen Mehrheitsanteil an der libyschen Ölfirma Tamoil, die eine Raffinerie in Hamburg betreibt.

Der Run auf Libyen ist nicht auf Rohstoffe beschränkt. Das Berliner Architektenbüro Léon, Wohlhage und Wernik wird bis 2017 ein bis zu 3 Milliarden Euro teures neues Regierungsviertel in der Hauptstadt Tripolis bauen. Der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft veranstaltet jedes Jahr ein deutsch-libysches Wirtschaftsforum.

Libyen ist auch deshalb für die EU wichtig, weil es das Haupttransitland für afrikanische Migranten ist, die über das Mittelmeer nach Malta und Italien zu gelangen versuchen.

Das Gaddafi-Regime macht die Kooperation mit der Europäischen Union bei der Bekämpfung der illegalen Migration abhängig von der Bereitschaft seiner europäischen Partner, Kritik an Libyens Innenpolitik zurückzustellen. 2006 deportierte Libyen nach eigenen Angaben 64.330 illegale Migranten; im Juni dieses Jahres nahmen die Behörden 1.451 illegale Migranten auf dem Weg nach Europa fest. So wird Gaddafis Diktatur zum verlässlichsten Bollwerk der EU gegen Afrika.

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