Vom Klimawandel betroffene Orte: Die Spitzen des Heißbergs

2016 war die Erde so warm wie noch nie seit Beginn der Messungen. Die Klimaziele sind kaum noch zu erreichen. Wen die Hitze am schlimmsten trifft.

Drei Pelzrobben vor einem Eisberg

Müssen sich diese Pelzrobben bald ein neues Zuhause suchen? Foto: imago/blickwinkel

1. Der Meeresspiegel – Drei Millimeter im Jahr

Der Meeresspiegel steigt und steigt. Im 20. Jahrhundert kletterte der Pegel insgesamt um 30 Zentimeter. Pro Dekade legt die Höhe des Meeresspiegel damit um etwa 3 Zentimeter zu, wie Satellitendaten seit 1993 zeigen.

Bislang dehnt sich das Wasser vor allem aus, weil es sich erwärmt. Die Abflüsse durch abtauende Gletscher der großen Gebirge und aus Grönland machen noch keinen großen Unterschied. Im Laufe des 21. Jahrhunderts wird sich das ändern. Der UN-Klimarat IPCC warnt davor, bis 2100 könnte sich der Pegel im Schnitt um einen Meter heben. Weltweit werden deshalb Deiche erhöht, Häuser und Straßen verlegt und gesichert. Auch bei Sturmfluten wirken sich ein paar Dezimeter schnell aus, wenn die obersten Wellen höher auflaufen und Deiche überspringen.

Die Höhen beim Meeresspiegel werden im Durchschnitt angegeben – das bedeutet, dass es manchmal auch deutlich mehr werden kann. Denn einige Regionen senken sich, wie etwa in Bangladesh oder an der deutschen Küste. Wer sicher trockene Füße behalten will, sollte nach Skandinavien ziehen: Dort hebt sich das Land jedes Jahr um neun Millimeter – dreimal so schnell wie der Anstieg des Meeresspiegels.

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2. Tiere und Pflanzen – Fliehen statt anpassen

„Der Klimawandel geht zu schnell, als dass sich die meisten Tiere und Pflanzen anpassen können“, sagt Hans-Otto Pörtner, Biologe am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und einer der Vorsitzenden im UN-Klimarat IPCC. Die meisten Lebewesen reagierten nicht mit evolutionärer Anpassung, sondern mit Flucht auf die Erderwärmung: 10 bis 400 Kilometer im Jahrzehnt Richtung Polgebiete verschieben manche Arten im Meer ihren Lebensraum, so Pörtner, „die schnellste Art war ein Plankton“. Auch die Nordsee ist betroffen: Fische und andere Lebewesen wandern aus dem Süden ein, die Artenvielfalt steigt. Während eine Erwärmung um 1,5 Grad viele Arten stresst, ihnen aber noch gute Chance auf ein Überleben lässt, „erhöht sich ihr Risiko bei einer globalen Erwärmung um 2 Grad deutlich“, so der Biologe. Vor allem Bäume und Kräuter haben bereits Schwierigkeiten mit der neuen Warmzeit. In den Bergen sind kältere Regionen nicht so fern; in flachen Gegenden haben sie schlechtere Chancen.

Aber auch Tiere können nicht so einfach umziehen: Bedroht seien Huftiere und Fleischfresser – sie sind zwar mobil, können aber ihren Lebensraum nicht mitnehmen.

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3. Korallen – Sauer auf die Wärme

Sie gelten als die ersten Opfer des Klimawandels, denen man beim Sterben zusehen kann: die Korallen auf den Riffen wie dem 2.000 Kilometer langen Great Barrier Riff vor der Ostküste Australiens. Dort entdeckten Wissenschaftler Ende 2016 das größte Massensterben von Korallen, das je beobachtet wurde: Zwei Drittel der bizarren Lebewesen auf dem Nordteil des australischen Naturwunders waren auf etwa 600 Kilometern ausgebleicht und tot, hieß es. Den Süden rettete nur ein Taifun, der das Wasser um bis zu 3 Grad abkühlte. Der nun verwüstete Norden galt als ursprünglicher, weil er kaum vom Menschen beeinträchtigt ist.

Den Korallen macht vor allem der doppelte Angriff zu schaffen: Das Meer wird durch die Aufnahme von Milliarden Tonnen CO2 aus der Luft und ihre Umwandlung in Kohlensäure saurer. Schon jetzt ist der ­ph-Wert von 8,17 auf etwa 8,1 gesunken, wenn alles weitergeht wie bisher, reduziert er sich bis 2100 auf 7,8. Der Stress aus der Säure macht die Korallen anfälliger gegen das wärmere Wasser. Schon bei 1,5 Grad werden die Korallen weltweit dezimiert werden. In einer 2-Grad-Welt rechnen Experten mit dem Verlust von 98 Prozent aller dieser Lebewesen. Sie können sich kaum neue Lebensräume suchen und sich nicht anpassen.

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4. Feuer und Eis – Wärme in Wellen

Der deutlichste Fingerabdruck des Klimawandels bei Extremereignissen zeigt sich für viele Klimaforscher in der Zunahme der Hitzewellen – und zwar dann, wenn man die monatlichen Daten aus allen Regio­nen der Welt betrachtet. Diese Ereignisse hätten sich gegenüber den Normalzeiten verfünffacht, heißt es. „Das ist ein deutliches Signal des Klimawandels“, sind sich die Forscher sicher. Monatliche Hitzerekorde („der wärmste April in Rom“) melden daher inzwischen viele Städte und Regionen.

Dem Klimawandel zusehen kann man auch im Hohen Norden: Die Arktis leidet schon lange an Erhitzung und eisiger Schwindsucht. Im Herbst 2016 war sie an manchen Stellen etwa 8 Grad wärmer als im Schnitt der Jahre. Und seit Beginn der Messungen war nur im Jahr 2012 noch weniger Eis rund um den Nordpol auf dem Wasser. Die Fläche bedeckte im Oktober nur 6,1 Millionen Quadratkilometer, rund 20-mal so groß wie Deutschland.

Der Grund für das große Schmelzen im Norden: Weil das Meer in großen Teilen bereits im April und Mai auftaute, war das Wasser lange der Sonne ausgesetzt und nahm deshalb mehr Wärme auf. Deswegen gefriert es jetzt langsamer.

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