Vor der Landtagswahl 2017: Showdown im Saarland

Kommt Rot-Rot oder Schwarz-Rot? SPD-Chef Schulz hat einem Bündnis seiner Partei mit Oskar Lafontaine schon mal seinen Segen gegeben.

Eine Frau sitzt im Bus und hat einen Bauhelm auf

Kündigte in letzter Minute ein Investitionsgrogramm an: Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer Foto: dpa

SAARBRÜCKEN taz | Der Sonntag in Saarbrücken wird spannend: Für die Wahl im Saarland prognostiziert die Forschungsgruppe Wahlen, dass SPD und Linke zusammen genauso viele Stimmen wie CDU und AfD erreichen. Bei infratest dimap liegt Rot-Rot sogar deutlich vorn. Beide Institute rechnen mit dem Scheitern von Grünen und FDP. Nimmt man allerdings die Fehlertoleranzen der Wahlforscher ernst, scheint auch vier Tage vor der Wahl so ziemlich jede Konstellation möglich – ein Parlament, dem vier, fünf oder sechs Parteien angehören.

Vergleicht man die Parolen der Parteien, so klingt bisher vieles ziemlich ähnlich. Die CDU von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte in letzter Minute ein großes Investitionsprogramm an, mit dem das Land fit für die Zukunft gemacht werden soll. Die SPD und ihre Spitzenkandidatin Anke Rehlinger versprechen „ein Jahrzehnt der Investitionen“. Grüne und FDP fordern mehr Geld für Bildung und Infrastruktur, sogar die AfD stimmt da zu. Mehr Polizisten, mehr Lehrer, mehr Geld für die Hochschulen, Straßen und Brücken, auch diese Forderungen sind mehrheitsfähig. Die Sozialdemokraten versprachen, ­mittelfristig die Kitagebühren abzuschaffen – die Ministerpräsidentin legte nach und will Eltern bei der Finanzierung der Krippen- und Kitaplätze helfen.

Knackpunkte für mögliche Koalitionsverhandlungen gibt es dennoch. Die Grünen verlangen, dass die Ruhrkohle AG nicht aus einem Vertrag entlassen wird, der sie dazu verpflichtet, Wasser aus vollgelaufenen Kohleschächten abzupumpen. Der Trinkwasserschutz ist den Grünen das wichtigste Wahlkampf­thema. Die SPD verspricht, die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit auf 8 Jahre teilweise rückgängig zu machen und die Schulen selbst entscheiden zu lassen, ob das Abitur nach 8 oder 9 Jahren abgelegt werden soll.

Das sehen Grüne und FDP ähnlich, nur die CDU hält an G8 fest. FDP, Grüne und AfD fordern eine Verwaltungsreform, um die Bürokratie der fünf saarländischen Landkreise zurückzufahren. Damit tun sich die großen Parteien traditionell schwer, weil sie die Kreise ihrer Regio­nalfürsten stören müssten. Aber selbst die emotional aufgeladene Debatte über Windenergie hat kein Potenzial, eine Koalitionsbildung zu verhindern, da die Standpunkte sich trotz allem annähern.

Auch der Streit über die soziale Gerechtigkeit hat Emotionen im Wahlkampf freigesetzt. „Genug gezahlt. Jetzt sind die Reichen dran“, plakatieren Lafontaines Linke. CDU und FDP verteidigen die Agenda 2010 des ehemaligen SPD-Kanzlers Gerhard Schröder ebenso entschieden, wie Schröders eigene Genossen davon abrücken. Doch jeder weiß: All diese Fragen werden nicht im saarländischen Landtag, sondern in Berlin entschieden, auch die Forderung nach einer wirksamen Erbschaft- oder Reichensteuer.

Der Streit über soziale Gerechtigkeit hat Emotionen im Wahlkampf freigesetzt

Der neue SPD-Chef Martin Schulz hat einem möglichen rot-roten Bündnis im Saarland bereits seinen Segen gegeben. Oskar Lafontaine habe das Land doch ordentlich regiert, sagte der oberste Sozialdemokrat über seinen abtrünnigen Amtsvorgänger. Damit scheint klar: Reicht es für Rot-Rot, werden SPD und Linke handelseinig. Reicht es nicht, macht die Große Koalition weiter, unter Kramp-Karrenbauers Führung.

Lafontaine selbst wechselte im saarländischen Fernsehen schon mal vom lautsprechenden Oppositions­politiker zu einem, der Verantwortung tragen könnte. Er warnte in der Schlussrunde die MitbewerberInnen vor einem Wettstreit um möglichst teure Versprechen. „Alles zusammen geht jetzt nicht“, sagte er. „Wir dürfen bei aller Schönrednerei vor der Landtagswahl nicht vergessen: Wir haben 14 Milliarden Euro Schulden, das ist ein Riesenbuckel, der uns sofort zum Verhängnis wird, wenn die Zinsen steigen.“ Da mochte niemand widersprechen.

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