Vor der Partie Griechenland gegen Schweden: Titelträger stärker als 2004

Das glaubt Angelos Charisteas. Der Mann, der sein Team vor vier Jahren zum EM-Titel schoss, muss allerdings jetzt erst einmal zeigen, dass auch er selbst in meisterlicher Form ist.

Angelos Charisteas, der EM-Held von 2004, hatte zuletzt beim 1. FC Nürnberg nicht so viel zu lachen. Bild: dpa

Otto Rehhagel hat noch zehn Europameister im Kader, unter anderem Charisteas. Außerdem berief der bald 70 Jahre alte Trainer die Frankfurter Ioannis Amanatidis und Sotirios Kyrgiakos sowie den Leverkusener Theofanis Gekas, mutmaßlich einziger Stürmer. Die Schweden grübeln über die Fitness von Zlatan Ibrahimovic nach dessen Knieoperation. Er selbst grübelt auch.

Griechenland: Nikopolidis - Seitaridis, Kyrgiakos, Dellas, Torosidis - Basinas, Katsouranis, Karagounis - Charisteas, Amanatidis - Gekas

Schweden: Isaksson - Alexandersson, Mellberg, Hansson, Nilsson - Sebastian Larsson, Linderoth, Svensson, Ljungberg - Ibrahimovic, Henrik Larsson

Anstoß: Dienstag, 20.45 Uhr (ARD)

SEEKIRCHEN taz Als vor wenigen Tagen öffentliches Training im Sportzentrum Aug in Seekirchen war, wurden nicht alle Schaulustigen zufrieden gestellt. Vornehmlich die österreichischen Schulkinder äußerten eine gewisse Enttäuschung. Denn ihr Objekt der Begierde drehte nur auf einem Nebenplatz seine Runden: Angelos Charisteas, der EM-Held von 2004, dreifacher Torschütze und finaler Matchwinner der Griechen gegen Portugal.

Blessiert an den Adduktoren war der 28-Jährige. Jetzt aber ist alles gut und alles wie immer: Die Nationalspieler trainierten im Verborgenen und haben sich das Wortkarge des Nationaltrainers Otto Rehhagel zu eigen gemacht. Doch wenn man Charisteas vor der EM angesprochen hatte, dann leuchteten seine dunkle Augen. "Ich erwarte viel von mir. Das ist für mich wieder eine große Chance. Unsere Mannschaft ist noch stärker als 2004. Ich glaube, wir können wieder für eine Überraschung sorgen."

Sätze, die aus ihm herausplatzten - so als fange der Traum von vorne an. Es gibt ja auch keinen, der bessere Erinnerungen an die Sonnentage an der Algarve hat. Als Ergänzungsspieler von Werder Bremen begann er, als Märchenfigur beendete er das Championat. Noch heute gibt es in seinem Haus ein Zimmer, in dem er seine Utensilien von 2004 aufbewahrt. "Ich habe das Trikot aus dem Finale bis heute nicht gewaschen. Das macht mich jeden Tag stolz."

Da lebt einer noch immer in der Vergangenheit: Ist das eine Erklärung dafür, dass es für ihn im Grunde seit dem 4. Juli 2004 nur noch abwärts ging? Mehr als jeder andere Grieche steht Charisteas unter Druck. Die Gemengelage ist vertrackt; er hat eigentlich einen Vertrag beim 1. FC Nürnberg bis 2011 - doch dummerweise ist der Club nur noch zweitklassig. Und auch Charisteas hat, um es vorsichtig zu formulieren, in 24 Bundesligaspielen (sechs Tore) nicht immer erstklassig gespielt. Vorsorglich hat er gesagt, er könne sich einen Verbleib vorstellen. Einerseits. Andererseits erklärt er stets: "Alles, was meine Zukunft angeht, kommt nach der EM."

Die Franken möchten Charisteas am liebsten wieder verkaufen, er soll sich in den Alpen ins Schaufenster stellen. Allerdings sind Charisteas und seine Partnerin in den letzten vier Jahren ziemlich viel umgezogen: Kaum drückte der Held der Hellenen im Herbst 2004 wieder die Werder-Bank, flüchtete er 2005 zu Ajax Amsterdam, zog 2006 weiter zum Erzrivalen Feyenoord Rotterdam, um 2007 für 2,5 Millionen Euro reumütig in die Bundesliga zurückzukehren.

In Nürnberg kam er vom Regen in die Traufe: Nichts lief, nichts passte, Jan Koller kam, ein ähnlich robust-rustikaler Stürmertyp. Und dann befand man, der Grieche könne auch einen Rechtsaußen abgeben. Immerhin: Der 65-fache Internationale hat sich bemüht, doch seine Position ist das nicht und wird es auch nie werden. Der 1,91-Meter-Hüne gilt nicht gerade als sprintstarker, feingliedriger Vertreter seiner Zunft und deshalb eigentlich als idealer Mann für die Mitte - aber jetzt plant sogar Rehhagel mit Charisteas auf einer rechten Offensivposition, weil Theofanis Gekas zentral, Ioannis Amanatidis über links stürmen sollen.

Doch Klage würde Charisteas nie führen, den während all der Irrungen und Wirrungen hatte es stets den Anschein, als sei Charisteas nur im Nationalteam wirklich glücklich; unter der Obhut seines Zieh- und Übervaters Rehhagel. "Er hat eine große Lebenserfahrung und ist der wichtigste Mann. Er hat uns Disziplin und Selbstbeherrschung beigebracht", sagt Charisteas. Nebenbei ist er selbst der wichtigste Ansprechpartner des bald 70-jährigen Chefs, der mit Vorliebe mit Charisteas auf deutsch parliert. Das sieht ulkig aus: Der Spieler beugt sich ein bisschen herunter, damit der Trainer die Hände um seine Schultern legen kann. Nicht selten schlendern beide Arm in Arm parlierend vom Platz - Vater und Sohn könnten kein besseres Bild abgeben.

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