Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses: Christ, Ehemann und konservativ

Der Republikaner Mike Johnson ist neuer Speaker im Repräsentantenhaus. Er bekämpft die Homo-Ehe, liebt Trump und mag Verschwörungsnarrative.

Foto: Nathan Howard/reuters

WASHINGTON taz | Er sei „ein Christ, Ehemann, Vater, konservativ, Anwalt für Verfassungsrecht und Kleinunternehmen, genau in dieser Reihenfolge“, das sagte Mike Johnson 2016 der Zeitung Louisiana Baptist Message. An welche Stelle in dieser Aufzählung Johnson wohl seine neue Rolle einsortieren wird?

Denn seit Mittwoch ist der republikanische Kongress-Abgeordnete auch der neue Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses. Mit 220 Stimmen – alle anwesenden republikanischen Abgeordneten stimmten für ihn – wurde der 51 Jahre alte Johnson ins Amt gewählt. Mehr als drei Wochen waren seit der Abwahl Kevin ­McCarthys vergangen, drei andere Kandidaten waren in dieser Zeit gescheitert.

Als Sprecher des Repräsentantenhauses kontrolliert Johnson zusammen mit dem ebenfalls republikanischen Mehrheitsführer Steve Scalise, welche Gesetzesanträge zur Abstimmung vorgelegt werden. Er steht zudem nach Vizepräsidentin Kamala Harris auf Platz drei der Nachfolgerangliste auf das Präsidentenamt. Mike Johnson zog 2016 erstmals in den US-Kongress ein und vertritt dort zum mittlerweile vierten Mal den vierten Wahlbezirk des Bundesstaates Louisiana.

Mit Johnson haben die Republikaner einen ultrakonservativen Südstaatler in das höchste Amt im Repräsentantenhaus gewählt. Er ist gegen das Recht auf Abtreibung und gegen das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe.

Im „Kulturkampf“ verfolgt Johnson eine klare Linie

Im vergangenen Jahr verfasste er eine Gesetzesvorlage, die eine Thematisierung verschiedener Geschlechtsidentitäten an öffentlichen Schulen in den USA verboten hätte. Die Entscheidung des amerikanischen Supreme Courts im vergangenen Jahr, das Recht auf Abtreibung zu stürzen, bezeichnete Johnson als „großartiges und freudiges Ereignis“.

In einer Nation, in der der Kulturkampf immer mehr an Bedeutung gewinnt, verfolgt Johnson eine klare Linie. Bereits vor seiner Zeit als Abgeordneter spiegelte sich dies in seiner Karriere wider. Als Anwalt beschäftigte er sich vor allem mit Religionsfreiheit. Im Jahr 2004 argumentierte er gegen die gleichgeschlechtliche Ehe in Louisiana.

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„Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind grundlegend unnatürlich und, wie Studien eindeutig gezeigt haben, am Ende schädlich und kostspielig für alle. (…) Wenn wir die Bedeutung der Ehe für diese kleine moderne Minderheit verändern, dann müssen wir dies für alle normwidrigen Gruppen tun“, kommentierte er damals.

Neben seinen ultrakonservativen Werten ist Johnson auch ein loyaler Trump-Anhänger. Er verteidigte den damaligen Präsidenten während des ersten Impeachment-Verfahrens und wurde von der New York Times als „der wichtigste Architekt“ des Komplotts zur Nicht-Ratifizierung von Joe Bidens Wahlsieg bezeichnet.

Gegen Ratifizierung von Biden Wahlsieg

Johnson argumentierte, dass die durch die Coronapandemie bedingten Veränderungen des Wahlablaufs in manchen Bundesstaaten im Jahr 2020 verfassungswidrig waren. Dieses Argument fand zumindest mehr Zustimmung unter Abgeordneten als Trumps fabrizierte Behauptung eines großangelegten Wahlbetrugs. Insgesamt 147 Republikaner stimmten letztendlich gegen die Ratifizierung von Bidens Wahlsieg.

Mike Johnson wiederholte jedoch auch einige der komplett erfundenen Verschwörungstheorien, wie etwa, dass der Wahlgeräte- und Softwarehersteller Dominion Voting Systems Beziehungen zum verstorbenen kommunistischen Diktator Venezuelas, Hugo Chavez, gehabt hätte. Bis heute hat Johnson nicht öffentlich zugegeben, dass Joe Biden der tatsächliche Wahlsieger ist und es keinen Wahlbetrug gab.

Der Zweifel am Wahlergebnis war zwei anderen Kandidaten im Rennen um das Sprecheramt zuvor zum Verhängnis geworden. Dass sich Johnson trotz seiner Aussagen durchsetzen konnte, hatte andere Gründe, wie der republikanische Abgeordnete Ken Buck erklärte: „Wir haben einen Punkt erreicht, wo wir einfach nach vorne schauen müssen. Es geht darum, die Regierung am Laufen zu halten, Israel zu unterstützen, die Ukraine zu unterstützen und die Sicherung unserer Südgrenze zu gewährleisten. Dies geht nur mit einem Vorsitzenden. Er ist nicht perfekt, aber Mike Johnson versucht sein Bestes zu geben, um die Probleme anzugehen.“

Doch da ergibt sich schon das nächste Problem, denn in jüngster Zeit hat sich Johnson skeptisch über eine weitere Unterstützung der Ukraine geäußert. Zuletzt stimmte er sogar gegen zwei Vorlagen, die mehr Hilfe bereitgestellt hatten: „Die amerikanischen Steuerzahler haben während des vergangenen Jahres mehr als 100 Milliarden Dollar in die Ukraine geschickt. Sie verdienen es zu wissen, ob die ukrainische Regierung transparent damit umgeht und offenlegt, wofür diese riesigen Summen an Steuergeldern verwendet werden“, erklärte Johnson schon im Februar auf X, das damals noch Twitter hieß.

Rückhalt für Israel ungebrochen

Im Gegensatz dazu ist Mike Johnsons Rückhalt für Israel ungebrochen. In einer Stellungnahme erklärte er kürzlich, dass die USA geschlossen hinter Israel stünden und das Land mit allen nötigen Mitteln versorgen würden. Präsident Biden hat vergangenen Woche den US-Kongress darum gebeten, Hilfsleistungen von 100 Milliarden Dollar zu bewilligen. Diese Summe beinhaltet Gelder für die Ukraine, Israel und zur Sicherung der Grenze mit Mexiko.

Als Sohn eines Feuerwehrmannes war es Johnsons Kindheitstraum, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Nachdem dieser jedoch in einem Brand schwer verletzt wurde, schlug er einen neuen Weg ein. Als neuer Sprecher des Repräsentantenhauses gibt es aktuell jedoch viele kleine Feuer zu löschen.

Mit seinen extrem sozialkonservativen Werten vertritt er eine potentiell wachsende Fraktion innerhalb der Republikaner. Jetzt muss er beweisen, dass er trotz seiner geringen politischen Erfahrung die Partei langfristig hinter sich vereinen kann, damit diese ihrem Anspruch auf eine kommende Regierung gerecht wird.

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