Vorteile beim Wettbewerb : Hohe Löhne in Deutschland

Hiesige Unternehmer zahlen 29,20 Euro pro Arbeitsstunde. Das ist viel, aber kein Problem. Für die Wettbewerbsfähigkeit sind die Lohnstückkosten entscheidend.

Die Produktivität ist drastisch angestiegen, die Löhne hingegen sind zurückgeblieben. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Arbeitskosten in Deutschland gehören mit zu den höchsten in Europa. Unternehmen in der deutschen Privatwirtschaft zahlen durchschnittlich 29,20 Euro an Löhnen und Lohnnebenkosten für eine geleistete Arbeitsstunde. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Rang sieben. Das teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag in Wiesbaden mit.

Ein Wettbewerbsproblem ist das für die hiesige Wirtschaft aber nicht. Das zeigt ein genauerer Blick auf die Daten. In Ländern wie Frankreich, Niederlande und Dänemark, mit denen Deutschlands Wirtschaft vor allem konkurriert, lässt man sich die Arbeit allerdings deutlich mehr kosten.

In der deutschen Industrie, die besonders im internationalen Konkurrenzkampf steht, war eine Stunde Arbeit 47 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt, aber 3 Prozent billiger als in Frankreich, das als stärkster Geschäftsgegner in der EU gilt.

Im Alltag ist der Wettbewerbsvorteil des Export-Europameisters noch größer als 3 Prozent. Entscheidet ist nämlich nicht allein der Preis der Ware Arbeitskraft, sondern auch die Produktivität: Wie viel wird in einer Stunde produziert?

Erst daraus ergeben sich die maßgeblichen Lohnstückkosten, also was letztlich eine Schraube, eine Werkzeugmaschine, ein Auto kostet. Und hier haben die deutschen Unternehmen in der zurückliegenden Dekade einen erheblichen Vorsprung herausrationalisiert. Oder einen Rückstand.

Das zumindest kritisiert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der mit seiner Lohnzurückhaltung aber selbst dazu beitrug, dass "die größte Volkswirtschaft der EU hinter vielen anderen Mitgliedsländern herhinkt".

Beschäftigte "leiden"

Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit und den Export Deutschlands ist Rang sieben eine positive Nachricht. Doch das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) warnt, dass unter dem vergleichsweise geringen Anstieg der Arbeitskosten seit dem Jahr 2000 die Beschäftigten "leiden" und dass es darum der Volkswirtschaft an Konsumnachfrage fehle.

Dahinter steckt noch ein anderes Problem: Während der deutsche Export wegen der niedrigen Arbeitskosten boomt, haben andere Staaten im Euroraum, wie Griechenland und Portugal, mit Handelsdefiziten zu kämpfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.