WDR kürzt bei Musiksendungen: Cosmo ohne „Soundcheck“

Die WDR-Welle Cosmo verschiebt ihr interkulturelles Programm ins Digitale. Mitarbei­te­r*in­nen kritisieren die interne Kommunikation.

Drei Personen posieren lachend für die Kamera

Cosmo-Musikchef Francis Gay mit Reporter Keno Mescher und Rapperin Hayiti (v. l. n. r.) Foto: WDR

Nur noch wenige setzen sich gezielt vors Radio und hören die eine spezielle Sendung. Den meisten reichte es, ihre eigenen wunderschönen Playlists bei Streamingdiensten zu hören oder sich einen Podcast für ihren Bedarf zu suchen. Insofern verwundert es nicht, dass auch das interkulturelle Hörprogramm Cosmo, bei dem der WDR federführend ist, einen Schritt zur Digitalisierung wagen möchte und dafür im linearen Radio kürzt. Seit dem ersten Januar läuft hier ein neues Programm.

Das Budget soll zur Hälfte ins Radio und zur Hälfte ins Internet fließen. Neue Podcasts sind geplant und die journalistischen Formate sollen in sozia­len Netzwerken erweitert werden. Aber für Musiknerds fällt dadurch ein tägliches Format weg: Der „Soundcheck“. Bis zum Jahreswechsel lief er unter der Woche abends live bei Cosmo.

Früher als Funkhaus Europa bekannt, bietet Cosmo bis heute ein weltoffenes Programm. Die Jour­na­lis­t*in­nen betrachten Themen aus einer speziellen migrantischen Perspektive, abseits der Mehrheitsgesellschaft in Deutschland; mit dem „Cosmo-Dreh“, wie man intern sagt. Am späten Abend und online laufen Sendungen in verschiedenen Sprachen, bei denen sich nach Deutschland Eingewanderte informieren können.

Prägend ist aber vor allem die Musik, die im deutschen Radio selten ist: Wenig Mainstream, andere Sprachen und andere Beats. Wie der Slogan schon verspricht: „Der Sound der Welt“. Den ordnete bisher das Magazin „Soundcheck“ ein. Zwei volle Stunden, in denen es um Musik ging, wo sie herkam, wie sie beeinflusst wurde und warum sie sich wie entwickelte.

Harter Schlag für Fans

Stattdessen läuft nun nachmittags ein popkulturelles Magazin und abends spielt Cosmo eigene Podcasts ab. Neun Mo­de­ra­to­r*in­nen arbeiten ab März in neuen Rollen. Zwei haben sich dazu entschieden, bei Cosmo aufzuhören. Für Fans der Sendung ein harter Schlag. Sie hörten, wie sich die Mo­de­ra­to­r*in­nen nacheinander verabschiedeten – manche hörbar unter Tränen. Der Sender informierte öffentlich erst nach der Reform darüber, was sich konkret ändert.

Programmchefin Schiwa Schlei formuliert es anders: Der „Soundcheck“ sei nicht gestrichen, sondern die Inhalte in das erweitere Nachmittagsprogramm über Popkultur eingefügt worden. Darin gehe es etwa um Literatur, Serien und Kunst. „All das macht allerdings nur 30 Prozent der Sendung aus – denn weiterhin prägt ja vor allem die Musik, die wir spielen, das Programm“, erläutert Schlei auf taz-Anfrage. Zudem läuft von 12 bis 14 Uhr eine Playlist – ohne Moderation, nur die prägende Cosmo-Musik.

Aber das sei kein Ersatz, heißt es aus der Redaktion. Es gehe ja nicht nur um die Musik an sich, sondern auch um den Kontext. Wer sich für Musik interessiere, könne nun nicht mehr gezielt einschalten oder im Internet nachhören, um sich darüber zu informieren. Einige Mitglieder der Redaktion sprachen mit der taz. Aber kei­ne*r wollte mit Namen in der Zeitung erscheinen – zu groß seien die Sorgen vor beruflichen Konsequenzen.

Digitalisierungsoffensive

Digitalisierung sei gut und wichtig, aber sie seien nicht zufrieden mit der Reform und bemängelten gegenüber der taz fehlende Transparenz. Obwohl der Prozess über zwei Jahre ging, sei kaum etwas nach außen kommuniziert worden – und zum Teil sogar Falsches ­intern.

Dabei sei die Kommunikation immens wichtig. Immerhin gehe es um Gelder des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ein Team mit weniger Ressourcen könne nicht die gleichen Inhalte liefern. Außerdem sei nicht klar, wie der Musikjournalismus im Digitalen aussehen werde.

Überraschenderweise postete Cosmo dieses Jahr auf den gängigen Social-Media-Plattformen noch keinen Beitrag, der sich mit Musik beschäftigt. Selbst als der bekannte belgische Musiker Stromae mit einem überraschenden Video viral ging, reagierte Cosmo nicht darauf.

Schiwa Schlei erklärt das gegenüber der taz mit der „schweren Rechtesituation“ bei musik­jour­na­lis­ti­schen Formaten und sozialen Netzwerken. Aber Cosmo stehe am Anfang der Digitalisierungsoffensive, so Schlei, und der Prozess brauche Zeit.

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