Waffen für die Ukraine: Scholz zögert bei Marschflugkörpern

Wieder werden neue Waffen für die Ukraine debattiert, diesmal Marschflugkörper. Großbritannien und Frankreich liefern bereits.

Marschflugkörper an einem Kampfjet

Taurus-Marschflugkörper an einem Tornado der Bundeswehr Foto: imago

BERLIN taz | Nach der Debatte über Flak-, Schützen- und Kampfpanzer dreht sich die Forderungsspirale weiter. Im Fokus der ukrainischen Wunschliste nach Kriegsgerät der internationalen Verbündeten stehen nun Marschflugkörper. Warum? Sie sind besonders effektiv, fliegen bis zu 500 Kilometern weit, zerstören Bunker wie schwer gesicherte Anlagen. Großbritannien und Frankreich liefern bereits solches Gerät – Storm Shadows kommen aus London und Scalps aus Paris.

Bisher hält sich Kanzler Olaf Scholz mit einer Zusage für deutsches Gerät vom Typ Taurus zurück. Auch Verteidigungsminister Boris ­Pistorius lehnt eine solche Lieferung bisher ab. Eines der Hauptargumente ist die enorme Reichweite. Man könne nicht ausschließen, dass sie auch russisches Gebiet erreichten. Allerdings wurde am Mittwoch auch bekannt, dass Scholz mit seinem britischen Amtskollegen Rishi ­Sunak zu sicherheitspolitischen Themen telefonierte. Da Scholz stets betonte, Kriegsgerätelieferungen im Einklang mit den Verbündeten zu koordinieren, ist hier eine erneute Kehrtwende nicht auszuschließen.

Rückendeckung für weiteres schweres Kriegsgerät, um die Ukraine in der derzeit laufenden Offensive zu unterstützen, kommt von den Grünen. Agniezska Brugger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, sprach sich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk für die Lieferung von Kurzstreckenwaffen aus, um die zuvor auch der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksij Makejew, mehrfach gebeten hatte. Brugger zeigte allerdings Verständnis dafür, dass die Bundesregierung bei der Taurus-Lieferung mit sich ringe. Anders als etwa CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. „Je schneller wir liefern, umso schneller kann die Ukraine ihr Gebiet befreien und Russland zurückdrängen. Desto schneller ist der Krieg vorbei“, teilte Kiesewetter auf X, dem ehemaligen Twitter, mit.

Die Forderung an Deutschland, auch Marschflugkörper zu liefern, ist allerdings nicht neu. Zuletzt appellierte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow während des Nato-Gipfels in Vilnius an die Bundesregierung. Unmittelbar vor Beginn des Treffens im Juli hatte Pistorius das sogenannte Vilnius-Paket für Kyjiw angekündigt. Rund 700 Millionen Euro soll es wert sein, es beinhaltet Schützen- und Kampfpanzer oder Artilleriemunition. Aber eben keine Taurus.

In ukrainischen Medien flammte die aktuelle deutsche Debatte über eine mögliche Lieferung von deutsch-schwedischen Taurus-Marschflugkörpern erst nach der Veröffentlichung des Interviews mit dem ukrainischen Botschafter Makejew wieder auf. Nach Ansicht des Militärexperten und ehemaligen stellvertretenden Chefs des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte, Generalleutnant a. D. Igor Romanenko, steckt hinter der jüngsten deutschen Lieferungsdebatte „möglicherweise ein banaler innerdeutscher politischer Kampf“.

Das französische Medium France24 berichtet von ukrainischen Erfindern, die einen „preiswerten Marschflugkörper“ entwickelt haben sollen, „mit dem sie die russische Luftabwehr ‚überwältigen‘ wollen“. Genannt wurden sie „Trembita“, nach einem traditionellen ukrai­nischen Alphorn. Erst seit 2005 verfügt die Bundeswehr über Taurus-Luft-Boden-Marschflugkörper – insgesamt 600 Stück. Bis Ende August 2010 wurden 43 Stück nach Spanien geliefert. Deutsch-schwedische Kurzstreckenraketen sind auch in Südkorea in Einsatz.

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