Wahl in Niedersachsen: Auf den Inhalt kommt es an

Den Überblick verloren? Die taz.nord erklärt, wer was in Niedersachsen will.

Schönes Niedersachsen: Alle haben Pläne. Ob das dem Land gut tut? Bild: dpa

HANNOVER / HAMBURG taz | Am Sonntag wählt Niedersachsen. Für Unentschiedene fasst die taz.nord die Kernthemen des Wahlkampfs und die Parteipositionen zusammen.

Die drei Oppositionsparteien wollen das Turbo-Abi an den Gesamtschulen abschaffen, die Linke sogar an den Gymnasien zur Neun-Jahre-Regelung zurückkehren. Die Grünen würden dies als Option den Schulen überlassen, die Piraten wollen G 8-lediglich als Option beibehalten. Die SPD plant, runde Tische einzurichten. CDU und FDP halten am Turbo-Abi fest.

Wenn am Sonntagabend die Wahllokale schließen, kann es gut sein, dass es keine klaren Mehrheiten gibt. Folgende Konstellationen sind möglich:

Drei-Parteien-Parlament: FDP, Linke und Piraten schaffen es nicht. Die CDU wird stärkste Partei, hat aber keinen Partner. SPD und Grüne bilden die Regierung.

Zwei-Lager-Parlament: Die FDP, in letzten Umfragen bei fünf Prozent, kommt in den Landtag. Es gibt ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün.

Fünf-Parteien-Parlament: Linke oder Piraten springen über die Fünf-Prozent-Hürde. Es reicht weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Gelb. Die SPD muss sich entscheiden: rot-rot-grüne Koalition, Tolerierung durch die Linke - oder doch eine große Koalition mit der CDU. Mit der CDU könnten auch die Grünen regieren, die das aber immer ausgeschlossen haben.

Vorsicht vor Umfragen: Piraten und Die Linke liegen seit Wochen bei drei, nur die Info GmbH sieht Die Linke bei sechs Prozent. Aber die Institute machen ihre Umfragen vorwiegend über Festnetz-Telefone. Ein Großteil der Piraten-Klientel sowie der Linken-Wähler hat keinen Festnetz-Anschluss. 2008 holte Die Linke 7,1 Prozent - kein Institut hatte ihr mehr als fünf Prozent prognostiziert.

Die 1.800 Grundschulen sollen für die Inklusion eine Basisversorgung von zwei Stunden pro Klasse und landesweit 50 Stellen erhalten. Zu wenig, finden SPD, Linke und Grüne. Die Piraten empfehlen, Home-Schooling zuzulassen. Den Status quo von 67.000 Lehrerstellen versprechen alle Parteien zu halten.

Und das fordert die Nein-Partei: „Jeder soll selbst entscheiden, welchen Schultyp er will.“

Nächtliche Abschiebungen, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Unterbringung in Sammelunterkünften, Sozialleistungen in Gutscheinen statt Bargeld, alles, was die schwarz-gelbe Flüchtlingspolitik Niedersachsens ausgemacht hat, wollen SPD, Grüne wie Linke abschaffen.

Anders als die SPD wollen Grüne und Linkspartei den Landesverfassungsschutz auflösen, die Piraten ihn wenigstens „überdenken“. Die Grünen schlagen vor, ihn durch eine unabhängige Dokumentationsstelle zu ersetzen, die Informationen über demokratiefeindliche Bestrebungen sammelt. Eine neue Landeszentrale für politische Bildung wünschen sich alle außer der Schwarz-Gelb-Koalition, die sie abgeschafft – und dem Verfassungsschutz die Aufklärung übertragen hatte.

Eine Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen sowie eine Beschwerdestelle für BürgerInnen fordern Grüne wie Linkspartei. Die SPD will davon nichts wissen, genau wie die CDU.

Und das empfiehlt die Partei Bibeltreuer Christen (PBC): „Das Gebet ist das beste Mittel, um einen Zerfall von Sitte und Moral in unserem Volk aufzuhalten.“

Die CDU will die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Agrarbranche stärken. Dass ihre Direktkandidaten dafür ausnahmslos Ja zum Anbau genmanipulierter Organismen sagen, findet keinen Niederschlag im Programm – so machen die das also. Ganz offen drängt die FDP auf die Anwendung grüner Gentechnik. SPD, Linke und Piraten lehnen das so kategorisch ab wie die Grünen.

Deren Landwirtschaftsprogramm versucht, Produzenten- und Verbraucherschutz zu harmonisieren. Flächenfraß und Bioförderung, Dörfersterben und Haltungsbedingungen, Qualitäts- und Umweltauflagen sind zusammengedacht. Unterbelichtet bleibt das Verbraucherschutz-Thema bei SPD, CDU und Piraten, während die FDP es strategisch einsetzt, etwa wenn sie die Kennzeichnung von GVO-Lebensmitteln fordert – deren Zulassung implizit gefordert ist.

Der Linken gelingen spezifische Akzente – wie die Idee, bäuerliche Sozialbeiträge an die Einkommen statt weiter an die bewirtschaftete Fläche zu koppeln (was Weidehaltung benachteiligt, Mäster begünstigt).

Und das blökt DIE FREIHEIT: „Den Verkauf von Halal-Produkten lehnen wir ab.“

In einem sind sich alle einig: Sie wollen, dass der strahlende Müll aus dem ehemaligen Salzbergwerk Asse zurückgeholt wird. In der Gorleben-Frage gibt’s schon mehr Differenzen: Die FDP hält die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle dort für erfolgversprechend. Grüne und CDU plädieren für eine „ergebnisoffene Suche“, bei der sich Gorleben durch geologische Gründe schon disqualifizieren würde. SPD, Piraten und Linke fordern ein sofortiges Aus der Erkundung im Wendland.

Für eine Vertiefung der Elbe zum Hamburger Hafen sprechen sich FDP und CDU aus, letztere macht aber die garantierte Deichsicherheit zur Bedingung. SPD und CDU halten eine Fortsetzung der Küstenautobahn A 20 für sinnvoll, Grüne und Linke nicht. Die Gasgewinnung durch Fracking schließen CDU, SPD und FDP nicht aus.

Und die Freien Wähler möchten erst mal die Frage stellen, „ob, inwieweit, in welchem Zeitraum und mit welchen Konsequenzen (für die Region) eine 100-prozentige Deckung des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien möglich/überhaupt umsetzbar ist.“  

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