Wahlen in der Slowakei: Der Alte ist wieder der Neue

In der Slowakei gewinnt der prorussische Robert Fico die Parlamentswahlen. Vielen gilt er als eine linke Version von Ungarns Ministerpräsident Orbán.

Ein Mann mit Einstecktuch steht vor dunklem Hintergrund

Der mit Verschwörungsnarrativen arbeitende Robert Fico wird wohl bald wieder die Slowakei regieren Foto: Darko Bandic/ap

PRAG taz | Die Slowakei hat gewählt – und das Ergebnis entspricht den Erwartungen und Befürchtungen zugleich. Der als prorussische geltende Robert Fico, vor fünf Jahren wegen seiner mafiösen Verstrickungen aus dem Amt gejagt, ist zurück. Seine linksnationale Partei Smer konnte 23 Prozent der Stimmen verbuchen.

An zweiter Stelle folgt die liberale, grüne Partei Progressive Slowakei, die zum ersten Mal im slowakischen Parlament vertreten sein wird. Schrieben ihr die letzten Vorwahlumfragen noch einen Wahlsieg zu, blieb sie mit einen Stimmanteil von 17,6 Prozent weiter hinter der Smer zurück als erhofft. An dritter Stelle kommt der Smer-Ableger Hlas (Stimme), die Ficos einstiger Kronprinz Peter Pellegrini vor drei Jahren nach Unstimmigkeiten mit seinem politischen Ziehvater gegründet hat. Mit ihren 14,8 Prozent verfügt die Hlas über ein großes Koalitionspotenzial und dürfte bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen als Zünglein an der Waage gelten.

Eine funktionierende Koalition wird nur möglich sein, wenn auch die weiteren vier Parteien berücksichtigt werden, die in diesen Wahlen den Sprung in den Nationalrat geschafft haben.

Die Erfahrungen der vergangenen Legislaturperiode stehen als Warnung vor einer Koalition mit der populistischen OľaNO und der wirtschaftsliberalen SaS (Freiheit und Solidarität). Denn die mangelnde Führungskompetenz von OľaNo-Chef Igor Matovič und seinen testosterongeschwängerten Streitigkeiten mit dem SaS-Vorsitzenden Richard Sulík führten die Regierungskoalition von 2021 damals in eine lange Krise und brachten sie schließlich zum Scheitern. Dafür muss man allerdings mit der Slowakischen Nationalpartei (SNS) rechnen, die es mit ihrer autoritativen und xenophoben Rhetorik über die Fünfprozenthürde schaffte.

Keine Berühungsängste mit Nationalisten

Doch in der slowakischen Politik ist alles möglich. Denn sie folgt ihrem eigenen pragmatischen Imperativ: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.

Alle drei möglichen Koalitionsparteien treffen sich in ihrer Entschlossenheit, die Balkanroute für Flüchtende zu schließen, auch mit Hilfe der Armee

Gleich in der Wahlnacht schlossen Fico und der „Verräter“ Pellegrini eine gemeinsame Koalition nicht aus. Und auch wenn beide ihre jeweiligen Parteien gerne mit dem Attribut „sozialdemokratisch“ versehen, wird es kaum Berührungsängst mit den Nationalisten der SNS geben. Im Gegenteil: Alle drei Parteien treffen sich in ihrer Entschlossenheit, die Balkanroute für Flüchtende zu schließen, auch mit Hilfe der Armee.

In den Nachbarländern Polen und Tschechien sorgt Ficos Wahlsieg für Angst. In seiner Wahlkampagne hatte der 59-Jährige Verschwörungstheorien und ein prorussisches Narrativ bemüht – dem immerhin 46 Prozent der Slowaken glauben. So hat Fico wiederholt die Ukraine zu einem Kriegstreiber erklärt, der allein US-amerikanische Interessen verfolge, und angekündigt, die Ukraine-Hilfe der Slowakei zu stoppen. Keine einzige Munitionskugel werde unter seiner Regierung in die vom Krieg gebeutelte Ukraine geliefert werden, so Fico.

Sollte Wahlsieger Fico die nächste Regierung der Slowakei anführen, wird er im Schulterschluss mit Ungarns Ministerpräsident Victor Orbán das Paradigma der mitteleuropäischen Solidarität mit der Ukraine zum Bröckeln bringen und prorussische Positionen weiter salonfähig machen.

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