Wahlkampf in Spanien: Wahlbehörde zensiert Lokal-TV

Ein TV-Sender in Barcelona darf inhaftierte katalanische Separatisten nicht als „politische Gefangene“ bezeichnen. Auch andere Sender haben Probleme.

Demonstranten halten Plakate mit Gesichtern von katalanischen Seperatistenführern nach oben

Protest gegen die Inhaftierung der katalanischen Seperatistenführer Foto: dpa

MADRID taz | Die Wahlbehörde für Barcelona greift in die Programmgestaltung des Fernsehsenders Betevé ein. Der Sender der Stadtverwaltung unter Bürgermeisterin Ada Colau darf im Wahlkampf für die spanischen Parlamentswahlen am 28. April sowie für die Kommunal- und Europawahlen am 26. Mai das Schlagwort „politische Gefangene“ weder in Sendungen noch auf der Internetseite benutzen. Bisher hatte Betevé bei der Berichterstattung über das Verfahren gegen zwölf Politiker und Aktivisten der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung von einem „Prozess gegen politische Gefangene“ gesprochen. Das Verfahren wird momentan vor dem Obersten Gericht in Madrid verhandelt.

Die Zwölf, die seit über einem Jahr in Untersuchungshaft sitzen, „politische Gefangene“ zu nennen, verletze „die Informationsneutralität, die das Medium in einer Wahlperiode einhalten muss“, heißt es aus der Wahlbehörde. Der Ausdruck komme damit einer Unterstützung der Unabhängigkeitsparteien im Wahlkampf gleich. Der Wahlleiter gibt damit einer Beschwerde des Stadtrats der konservativen Partido Popular (PP), Alberto Fernández, statt.

Im offiziellen spanischen Sprachgebrauch handelt es sich nicht um „politische Gefangene“, sondern um „inhaftierte Politiker“. Sie sollen sich mit der Vorbereitung und Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017 der „Rebellion“ und des „Aufstands“ schuldig gemacht haben, obwohl es nicht zu Gewalt kam. Den Angeklagten drohen bis zu 25 Jahre Haft.

Die örtliche Wahlbehörde beruft sich auf eine Anordnung der staatlichen Wahlbehörde in Madrid, die der katalanischen Regierung verboten hat, gelbe Schleifen – das Zeichen der Solidarität mit eben jenen Gefangenen – an öffentlichen Gebäuden aufzuhängen. Der katalanische Regierungschef Quim Torra weigerte sich zuerst, dem Folge zu leisten.

Wahlwerbung als Vergehen

Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen „Ungehorsam“ gegen ihn. Sollte sich ein Gericht finden, das Torra deshalb verurteilt, drohen ihm nicht nur 3.000 Euro Bußgeld, sondern bis zu zwei Jahre Aberkennung des Rechtes, öffentliche Ämter zu bekleiden. In diesem Falle erstattete die rechtsliberale Partei Ciudadanos Anzeige.

Betevé ist nicht der einzige Sender, der rechtliche Probleme hat. Funktionäre zweier katalanischer Fernseh- und Radiosender werden des „Ungehorsams“ beschuldigt. Sie hatten Wahlwerbung der Regionalregierung ausgestrahlt.

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