Was tun mit 700 Millionen Euro: Goldenes Windrad als Stinkefinger

700 Millionen Euro bekam das Umweltministerium für den Verkauf der Offshore-Flächen. Ein Vorschlag, wie das Geld zu verwenden wäre.

Offshore-Windräder im Gegenlicht

Offshore-Anlage in der Nordsee Foto: Chirstian Charisius/reuters

BERLIN taz | Immer wenn ich an diesem Kiosk vorbeikomme, wirbt da ein Schild fürs Lottospielen: „22 Millionen im Jackpot!“ Und immer denke ich: Was würde ich mit 22 Millionen Euro tun? Mir ein ordentliches Fahrrad leisten? Alle Wohnungen in unserem Haus kaufen und Freunde einziehen lassen? 44.000 Genossenschaftsanteile an der taz kaufen?

Vor diesem Problem steht jetzt Steffi Lemke. Plötzlich hat sie den Jackpot geknackt: Fast 700 Millionen Euro bekommt das Bundesumweltministerium zusätzlich aus der Versteigerung der Offshore-Flächen in der Nordsee. Klingt viel und ist auch viel: Zwanzigmal so viel wie derzeit für Meeresschutz eingeplant.

Was tun mit so viel Geld? Steffi Lemke wird es natürlich brav dafür ausgeben, Rastplätze für die Säbelschnäbler anzulegen, Seegraswiesen zu mähen oder Schweinswale artgerecht zu halten. Hier ist eine bessere Idee: Ein nationales Symbol schaffen, um der Welt zu zeigen: Das Heimatland von Energiewende, Atomausstieg und Klimaschutz kann sich was leisten!

Wie die Freiheitsstatue ein Golden Wheel

Wie wäre es, wenn wir mit dem unerwarteten Geldsegen in der Elbmündung eine goldene Windkraftanlage bauen? So wie die Freiheitsstatue in New York die Schiffe begrüßt, sollte The Golden Wheel den Containerdampfern, Kreuzfahrtburgen und LNG-Frachtern signalisieren: Gegenwind für Fossile!

Bisher liefern ja vor allem die autoritären Fossilregimes der Welt die Symbole: Dubai hat den höchsten Wolkenkratzer, Texas die größten LNG-Terminals der Welt und in China gibt es sowieso immer bei allem das Größte und Dickste.

Im Land der Ingenieure sind wir beim Klotzen eher kleinlaut geworden: Männer und Frauen versagen gleichberechtigt beim Fußball, deutsche Autos werden zu fossilen Fossilien, beim Militär funktionieren weder Panzer noch Regierungsflieger, die Bratwurst wird vegan. Da wäre unser Goldrad ein luxuriöses Öko-Ausrufezeichen an alle, die daran verdienen, die Welt in Brand zu stecken: Wir vertrauen so sehr auf die dekarbonisierte Zukunft, wir leisten uns goldene Windräder! Wir sind stinkend reich und werden mit den Erneuerbaren noch reicher!

Auch Solaranlagen eignen sich als goldene Stinkefinger

Statt auf Degrowth würden wir auf Bling-Bling setzen. Erst wenn die Saudis, Texaner und russischen Oligarchen vor Neid platzen, werden sie sehen, dass man Mineralöl nicht trinken kann.

Kleingeister wenden jetzt ein: Für 700 Millionen Euro bekommt man keine vollgoldene Vestas V150 mit 160 Metern Nabenhöhe. Stimmt, dafür bräuchte man 10 Milliarden. Aber hat damals jemand gefragt, was der Eiffelturm kostet? Wenn das Golden Wheel sich erst mal vor Cuxhaven dreht, sollten wir noch ein paar andere goldene Stinkefinger danebenstellen: Auch Solaranlagen, Biogaskraftwerke, Geothermie-Bohrtürme und Wasserstoff-Elektrolyseure lassen sich wunderbar vergolden.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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