Weihnachten für umme (23): Freies Festessen

taz-Adventskalender: Für Freischreibende war die taz-Weihnachtsfeier so etwas wie Frank Zanders Obdachlosenspeisung. Doch dann wurden sie vergessen.

Eine Portion Gänsekeule mit Rotkraut und Klößen steht auf einem Tisch

Leckeres taz-Essen – für Festangestellte Foto: dpa

Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise Türchen für Türchen nach Wegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden kann mit dem ach so besinnlichen Fest.

Vor Corona war alles ganz einfach: Da gingen wir Freischreibenden einfach zur taz-Weihnachtsfeier und ließen am Eingang unsere hungrigen Kulleraugen sprechen. Einladung hin oder her, ließen uns die mitleidigen Festangestellten ein und wir konnten nach Herzenslust essen und trinken. Für umme. Und uns endlich einmal aufwärmen. Ein Festtag. Was für die Obdachlosen Frank Zander ist, ist für uns arme Autoren die Geschäftsführung der taz.

Doch die Pandemie machte dem einen Strich durch die Rechnung. Da bei der virtuellen Weihnachtsfeier 2020 die Angehörigen der Mitarbeitenden von der Gastro frei Haus mitbeliefert wurden, musste man hier die Grenze ziehen: Denn wollte man wirklich die Freien mit ihren oft zehn, zwölf, manchmal auch achtzehn Kindern mit durchfüttern? Eingeladen gewesen sollen sie zwar sein, doch das Bestellformular fürs Essenspaket kam beim Autor dieser Zeilen nie an.

Nein, natürlich ist es richtig, dass so ein Lebensstil nicht auch noch über das Allernotwendigste hinaus subventioniert wird, unbedarft, unverantwortlich und in den Tag hinein lebend wie Freiberufler nun mal sind. Hinzu kommt ja auch noch deren selbstzerstörerischer Hang zu giftigem Plastikschmuck sowie Gegorenem praktisch aller Art. Sollte das alles etwa auch die taz bezahlen? Bereits die Erhöhung des Zeilengelds um drei Cent innerhalb der vergangen zehn Jahre war in der Beziehung eigentlich schon unverantwortlich.

Riskante Freiberufler

Foto: taz

Im vorigen Jahr soll es dann wohl wieder eine Präsenzweihnachtsfeier gegeben haben, vermutlich zu 2G-Bedingungen, die jedoch heimlich auf Anfang November vorgezogen wurde. Am Autor dieser Zeilen ging das jedenfalls vorbei.

Mit den Freiberuflern wäre es auch einfach zu riskant geworden – für andere, aber vor allem für sie selbst –, denn sie können sich logischerweise schlechter schützen, weil sie im Schnitt weniger gebildet und schlechter informiert sind. Wer permanent im prekären Kampf um die grundlegendsten Dinge steckt – Wärmeräume, Getränke, Wildgulasch –, kann sich nicht auch noch mit Impfschemata und Ansteckungswegen befassen.

Zugleich sind sie der Überzeugung, alles besser zu wissen und notorisch verkannt zu werden, denn der eigene Status muss vor sich und anderen stets verklärt und positiv umgedeutet werden – kein ungewöhnlicher Mechanismus bei Menschen, die sich in der Rolle der Underdogs wiederfinden, und sich ihren Stolz trotzdem irgendwie bewahren müssen, schon allein aus Selbsterhaltungstrieb.

Und dieses Jahr? Alles längst gelaufen, wie ich nun erfahre, Ort und Zeit entnahm man diesmal wohl dem Darknet. Sicher ist sicher.

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