Windkraft in Schleswig-Holstein: Höher und breiter

In Schleswig-Holstein sollen sich in Zukunft viel mehr Windräder drehen als bisher. Landschaftsschutzgebiete werden nicht mehr pauschal verschont.

Aufgeschüttete Erdschichten einer Baustelle, dahinter Windkrafträder

Können in Schleswig-Holstein jetzt höher gebaut werden: Windkrafträder für die Energiewende Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Die schwarz-grüne Landesregierung hat am Dienstag die Eckpunkte zum Windkraftausbau in Schleswig Holstein bis 2032 vorgestellt. Die Abstandsregeln zu Wohnsiedlungen sollen demnach bestehen bleiben, dafür muss das Land aber insgesamt mehr Fläche für Windkraftanlagen zur Verfügung stellen als bisher. Zudem entfällt künftig die Höhenbegrenzung für Windkraftanlagen. Die verfügbaren Flächen sollen dadurch effizienter und leistungsstärker genutzt werden können.

„Mit den Grundsatzbeschlüssen setzen wir die Erfolgsgeschichte der Windenergie in Schleswig-Holstein nahtlos fort“, sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne). „Windenergie an Land wird auch weiterhin den größten Beitrag zur Energiewende leisten.“ Bis 2030 soll die Leistung durch Windenergie an Land auf 15 statt wie bisher geplant auf 10 Gigawatt erhöht werden – derzeit liegt sie bei rund 8 Gigawatt.

Nötig sind die Änderungen wegen des sogenannten Windflächenbedarfsgesetzes von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), das im Februar 2023 in Kraft getreten war. Das Gesetz sieht für jedes Bundesland einen Mindestanteil der Flächen vor, die für Windkraftanlagen zur Verfügung stehen.

In Schleswig Holstein sind aktuell zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie vorgesehen – damit würde man die Vorgaben des Bundes eigentlich erfüllen. Allerdings gibt es in Schleswig-Holstein eine Sonderregelung, durch die sich die tatsächlich nutzbare Fläche auf 1,1 Prozent verringert.

Drei Prozent der Landesfläche für die Windkraft

Die sogenannte Rotor-In-Regelung legt fest, dass die Rotorblätter der Windräder nicht über die Grenze der ausgewiesenen Flächen hinausragen dürfen. Der Bund rechnet aber nach dem Rotor-Out-Prinzip, weil damit mehr Windräder auf der gleichen Fläche stehen können. Um also die gleiche Leistung zu erzielen, muss Schleswig Holstein seine Windkraftfläche insgesamt von zwei auf drei Prozent vergrößern.

„Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir deutlich stärker als bisher in Schutzbelange eingreifen, um zusätzliche Vorranggebiete auszuweisen“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Die Kriterien zur Ermittlung von geeigneten Gebieten für Windräder werde deshalb in Teilen geändert.

Landschaftsschutzgebiete würden demnach nicht mehr pauschal von Windkraftanlagen freigehalten. Auch die Abstände zu Wäldern sollen in Zukunft abhängig von deren ökologischer Wertigkeit beurteilt werden und nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Auch bei Naturschutzgebieten soll der Abstand künftig vom jeweiligen Schutzziel des Gebietes abhängig sein. Und auch an Brutplätze von Großvögeln könnten Windkraftanlagen künftig näher heranrücken.

Zudem würden Höhenbegrenzungen für Windparks in Zukunft ausgeschlossen. Bislang wurde der Windkraftausbau in Schleswig Holstein wesentlich von der sogenannten 3H-/5H-Regelung bestimmt: Neue Windkraftanlagen durften nur dann gebaut werden, wenn sie einen Abstand von ihrer dreifachen Höhe zu einzelnen Wohnhäusern und ihrer fünffachen Höhe zu Wohnsiedlungen stehen.

BUND mahnt zu mehr Artenschutz

Die Regel war ohnehin unsinnig, findet Carl-Heinz Christiansen vom Umweltverband BUND. Auch er unterstützt weite Teile des schwarz-grünen Klimaschutzprogramms. Gleichzeitig müssten aber etwa auch Artenschutzprojekte weiterhin ernsthaft verfolgt werden. Man habe Kompromisse zugunsten des Klimaschutzes gemacht, räumte Energieminister Goldschmidt ein. Dennoch: „Klima- und Naturschutz sind zwei Seiten derselben Medaille.“

Das Festhalten an den Mindestabständen zu Wohngegenden sei ein wichtiger Schlüssel, um die Akzeptanz für Windkraftanlagen in der Bevölkerung weiter aufrechtzuerhalten, so Sütterlin-Waack. Nach wie vor müssten Vorranggebiete mindestens 400 Meter Abstand zu alleine stehenden Wohnhäusern halten, zu größeren Wohnsiedlungen sowie Dörfern und Städten 800 respektive 1.000 Meter.

Das sei alles richtig, so Marc Timmer, energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag. Dennoch würden künftig mehr Schleswig-Holsteiner in der Nähe von Windparks wohnen. Es brauche daher einen Interessensausgleich für die Betroffenen, die von kommunikativen Maßnahmen bis hin zu finanziellen Ausgleichszahlungen reichen könnten.

Die Windenergie-Branche begrüßt die Pläne, sagte der Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien, Marcus Hrach.

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