Wirtschaft im Gazastreifen: Cherrytomaten verrotten im Lagerhaus

Seit Juni 2007 regiert die Hamas im Gazastreifen. Seitdem können immer weniger Waren exportiert werden. Nur acht LKWs konnten die belagerte Zone bisher verlassen.

Eine EU-Hilfslieferung passiert den Grenzposten. Heizöl sorgt wieder für Strom im Gazastreifen. Bild: dpa

JERUSALEM taz Für weniger als einen Euro verkaufen die Obsthändler in Gaza ein Pfund Erdbeeren bester Qualität, sorgfältig verpackt in gepolsterten Plastikbehältern. Die süßen Früchte waren ausschließlich für den europäischen Markt gedacht, ähnlich wie Nelken und Cherrytomaten. Doch nun verrotten sie in den Lagerräumen, weil sie nicht exportiert werden können. 13,5 Millionen Dollar wollten die Bauern diese Saison einnehmen. Verkaufen lassen sich nun jedoch nur die Erdbeeren, für rund eine Million auf dem lokalen Markt, so veranschlagt die "Paltrade", der Handelsverband palästinensischer Unternehmen.

Seit vergangenem Juni, als die Hamas den Gazastreifen unter ihre Kontrolle brachte, konnten ganze acht Lastwagen, beladen mit Kartoffeln, die belagerte Zone verlassen. Neben den landwirtschaftlichen Produkten warten 400 Lkw-Ladungen mit Möbeln und 250 Ladungen mit Kleidung auf eine Öffnung der Grenzen.

Früher koordinierte die israelische Grenzpolizei den Verkehr an den Übergängen mit dem Palästinensischen Präventiven Sicherheitsdienst, der jedoch von der Hamas entmachtet wurde. Die Grenzstationen auf der palästinensischen Seite sind seit sechs Monaten nicht besetzt. Israel und die Hamas verweigern sich gegenseitig jeden Kontakt. Der Verkehr geht deshalb nur noch in eine Richtung - in den Gazastreifen.

Importiert werden zumeist Hilfssendungen mit Nahrungsmitteln und Medikamenten, ein wenig Tiernahrung und Düngemittel. Israel reduzierte Ende Oktober die Lieferungen von Treibstoff, obwohl er durch Rohre transportiert wird. Beide Seiten überbrücken den Mangel an offiziellen Absprachen dadurch, dass die israelischen Lastwagen ihre Ladungen vor den palästinensischen Absperrungen abladen. In der Regel schließen die Israelis um 15 Uhr nachmittags ihre Grenze, erst dann dürfen die palästinensischen Wagen auf das Gebiet zwischen den Grenzen fahren und die Ladungen abholen.

Nach Angaben der "Paltrade" ist die Zahl der Angestellten im Baubereich von 42.000 im Juni auf heute nur noch 50 gesunken. Sämtliche Konstruktions- und Entwicklungsprojekte liegen brach, seit die Zement- und Metallvorräte aufgebraucht sind. Im Holzverarbeitungsbereich sank die Zahl von 6.500 auf 120.

Wer heute noch regelmäßig Gehalt bezieht, gehört entweder zur Hamas oder ist Angestellter der Palästinensischen Autonomiebehörde. Rund 50.000 Palästinenser aus Gaza stehen im Dienst von Präsident Mahmud Abbas, der sie bezahlt, obwohl nur noch wenige arbeiten. Die Sicherheitstruppen und sogar die Mitarbeiter der städtischen Verwaltungen haben Anordnung aus Ramallah zu Hause zu bleiben, solange die Hamas den Gazastreifen kontrolliert.

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