Wohnungsmarkt in Berlin: Sorgenfrei wohnen

Wer wohnen will, muss leiden. Zumindest in Berlin scheint das so. Dabei zeigt DW Enteignen, wie es anders geht. Nicht nur bei Deutsche Wohnen.

Performance der DWE-Cheerleader:innen auf dem Oranienplatz und Plakat mit Porträt von Franziska Giffey "Eure Miete ist zu teuer?

Aktion der Initiative „Deutsche Wohnen & Co Enteignen“ in Berlin im Februar 2023 Foto: Florian Boillot

BERLIN taz | Wohnungssuche in Berlin, dafür braucht’s ganz viel Geduld, niedrige Ansprüche und gute Kopfschmerztabletten. Denn ohne reiche Eltern oder die Bereitschaft, sein Zimmer mit FKK-Fan Günther zu teilen, sieht es schlecht aus. Was also tun, wenn der Markt nicht in der Lage ist, die Menschen mit Wohnraum zu versorgen?

Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“ (DWE) hat eine Antwort. „Es ist eigentlich keine Utopie, sondern sehr naheliegend“, erklärt DWE-Sprecherin Lara Eckstein der taz: Die Enteignung der Wohnobjekte sämtlicher Pri­vat­in­ves­to­r*in­nen Berlins, die mehr als 3.000 Wohnungen in der Hauptstadt besitzen. Bei dem zeitgleich mit den Berlin-Wahlen 2021 abgehaltenen Volksentscheid stimmte eine klare Mehrheit für die Vergesellschaftung von Wohnraum.

Illustration von Ali Arab Purian

🐾 Von der Kneipe an der Ecke bis zum solidarischen Garten in Bogotá: Junge Au­to­r*in­nen haben sich auf die Suche nach utopischen Ideen begeben. Die dabei entstandenen Artikel haben sie in einer Sonderausgabe der taz veröffentlicht.

Dass das Vorhaben rechtlich möglich ist, bestätigte im Juni eine Expert*innenkommission, beauftragt vom Vorgängersenat unter Führung der SPD. Grundlage ist der sogenannte „Vergesellschaftungsartikel“ 15 im Grundgesetz, der in Deutschland allerdings noch nie zur Anwendung kam.

Die Grundidee ist, „die Miete aus der Profitspirale herauszuholen“, wie Eckstein es bezeichnet. Anstatt der Rendite privater Investoren sollen Mieten künftig nur noch dem Gemeinwohl dienen – in Form von Modernisierung, Instandhaltung und Schaffung neuen Wohnraums. Und das alles unter basisdemokratischer Kontrolle.

Wohnraum in öffentlicher Hand

Praktisch ermöglichen soll das eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR). Sie soll den vergesellschafteten Wohnungsbestand verwalten. In dieser AöR beschließen Stadtgesellschaft, Mieter*innen, Beschäftigte und Senat gemeinsam, wie hoch die Mieten sind, wer Wohnungen bekommt und welche Umbauten vorgenommen werden.

„Es gäbe eine ganz andere Sicherheit, dass einem sein Zuhause nicht weggenommen wird“, glaubt Eckstein. Es mindere auch Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, wenn Wohnungen nach objektiven Kriterien und per einfachem Losverfahren zugeteilt würden.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. „Die schwarz-rote Regierung tut alles, um den Prozess zu verschleppen“, kritisiert Eckstein. Auch mit massiver Gegenwehr der Großkonzerne ist zu rechnen.

„Nur wenn der Wohnraum in öffentlicher Hand ist, kann klar gesteuert, kann politisch interveniert werden“, sagt Stadtentwicklungs-Politikerin Katalin Gennburg (Linke). Und die DWE-Idee ganz konsequent zu Ende gedacht? „Die Perspektive von Deutsche Wohnen & Co. Enteignen ist vor allem eine Selbstorganisierung in der Wohnungsbewirtschaftung, das heißt, eine radikale Rätebewegung“. Rätebewegungen, das heißt vor allem direkte demokratische Teilhabe, bei der Betroffene über alle Belange selbst entscheiden können.

Ziel sei dabei aber nicht, den gesamten Wohnungsbestand in einer AöR zu organisieren. Genossenschaften, Baugruppen und Klein­ver­mie­te­r:in­nen hätten auch weiterhin Platz. „Ich habe die Vorstellung eines Berlins, in dem es unterschiedliche Formen der Miet-Verwaltung gibt, in der Großkonzerne aber nichts zu sagen haben“, erklärt Eckstein.

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