Zentral- und Landesbibliothek: Friedrichstraße bleibt tot

Berlins SPD stellt sich klar gegen die Idee, mit der ZLB in die Galeries Lafayette zu ziehen. Stattdessen bringt man das ICC ins Spiel.

Die Galeries Lafayette in Berlin

Dann eben Leerstand: Die Galeries Lafayette sollen Ende 2024 aus dem Quartier 207 ausziehen Foto: Hannes P. Albert/dpa

Ein Umzug der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) an die Friedrichstraße in Mitte wird immer unwahrscheinlicher. Jetzt hat die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus klargestellt, was sie von der Idee des CDU-Kultursenators Joe Chialo hält: nämlich nichts. „Ich fand das ja zunächst charmant, dass die ZLB in das Gebäude der Kaufhauskette Galeries Lafayette zieht, aber nicht zu dem Preis“, sagt SPD-Fraktionsvize Melanie Kühnemann-Grunow der taz.

Zuerst hatte die Berliner Morgenpost über das Veto der kulturpolitischen Fraktionssprecherin berichtet. Nach taz-Informationen ist ihre Absage an das Projekt dabei sowohl von SPD-Fraktionschef Raed Saleh als auch von Torsten Schneider, dem Parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer, gedeckt. Und Fakt ist: Ohne die Unterstützung der SPD-Fraktion dürfte die Initiative des vom Koalitionspartner CDU gestellten Kultursenators gestorben sein.

Vor zwei Wochen war Joe Chialo mit der Idee an die Öffentlichkeit gegangen, die Immobilie nach dem Auszug des Lafayette Ende 2024 zu kaufen oder zu mieten, um hier die ZLB-Standorte an der Breiten Straße Mitte und am Halleschen Tor in Kreuzberg zusammenzufassen. Die Bibliothekslandschaft war elektrisiert. Haus­halts­ex­per­t:in­nen begegneten dem Vorschlag angesichts der Kosten von Anfang an mit Skepsis.

Tatsächlich beläuft sich das der Kulturverwaltung unterbreitete Kaufangebot des Eigentümers Tishman Speyer auf 590 Millionen Euro. Das wäre fast das Doppelte dessen, was der Investor selbst Anfang 2022 beim Kauf hingeblättert haben soll. „Das ist komplett unmoralisch, und ich frage mich, ob da ein Investor einfach sein Spielchen spielt“, sagt dann auch Melanie Kühnemann-Grunow.

Koalitionspartner ist mäßig erfreut

Die SPD-Politikerin verweist zudem auf die „brachialen Kürzungen“, die im Haushaltsentwurf 2024/25 für den Kulturbereich vorgesehen sind. Kühnemann-Grunow sagt: „Die Szene steht Kopf. Da muss ich mir sehr genau überlegen, was ich mit dem Kulturetat mache.“ Der Erwerb und Umbau eines Kaufhauses mit geschätzten Gesamtkosten zwischen 700 und 800 Millionen Euro gehöre nicht zwingend dazu.

Bei der CDU ist man mäßig erfreut über das plötzliche Nein der SPD. „Wir brauchen doch erst mal die Fakten und Details, da hätte ich mich gefreut, wenn die SPD das abgewartet hätte“, sagt der CDU-Abgeordnete Robbin Juhnke. Der kulturpolitische Sprecher widerspricht bei der Gelegenheit Gerüchten, denen zufolge Joe Chialo auch in der CDU-Fraktion allein auf weiter Flur stehe mit seinem Vorstoß: „Dem ist nicht so“, sagt er der taz.

Kritik an den So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen kommt auch von den oppositionellen Grünen. Dass die SPD der Umzugsidee „eine Absage erteilt, bevor die überhaupt final geprüft und die Gespräche mit dem Eigentümer abgeschlossen werden konnten, ist falsch und fahrlässig“, sagt Ex-Finanzsenator Daniel Wesener, inzwischen Fraktionssprecher für Kulturfinanzierung.

Der Grünen-Politiker befürchtet letztlich vor allem, dass Schwarz-Rot nicht nur die Lafayette-Idee, sondern nebenbei auch gleich den eigentlich mal geplanten, inzwischen mindestens ebenso teuren ZLB-Neubau am Blücherplatz in Kreuzberg ein für alle Mal zu Grabe tragen will.

Alles Quatsch, sagt SPD-Politikerin Kühnemann-Grunow. „Ich zumindest will den ZLB-Neubau nicht beerdigen.“ Nichtsdestoweniger wirbt sie dafür, auch andere Immobilien für einen neuen ZLB-Superstandort ins Auge zu fassen, etwa das ICC. Dass sich, wie die Grünen monieren, der auch „Panzerkreuzer Charlottenburg“ genannte Riesenbau „baulich wie bibliotheksfachlich als völlig ungeeignet erwiesen“ habe, lässt Kühnemann-Grunow nicht gelten: „Das ICC würde total gut passen.“

Unterdessen hat man bei der ZLB selbst die Hoffnung auf einen Umzug in die Friedrichstraße noch nicht aufgegeben und sammelt jetzt Unterschriften für die Idee des Kultursenators. ZLB-Generaldirektor Volker Heller bleibt dabei: Der Kauf des Quartiers 207 sei nun mal eine „Jahrhundertchance“, die sich Berlin nicht entgehen lassen sollte.

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