Zu viel Impfstoff gegen Schweinegrippe: Bundesländer wollen neu verhandeln

Die Bundesländer bleiben auf ihren Impfstoff-Vorräten sitzen. Jetzt wollen sie über die noch zu liefernde Impfstoff-Menge neu verhandeln. Statt 50 Millionen Pandemrix-Dosen sollen nur 25 Millionen geliefert werden.

Die nicht verbrauchten Impfstoffe müssen die Bundesländer bezahlen. Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN apd/dpa | Die Bundesländer werden ihren Schweinegrippe-Impfstoff nicht los und wollen nun die Hälfte der 50 Millionen bestellten Dosen stornieren. Da pro Person eine einmalige Impfung ausreiche, genügten 25 Millionen Dosen, sagte der Staatssekretär im federführenden thüringischen Gesundheitsministerium, Hartmut Schubert, dem Westfalen-Blatt". Eine Ministeriumssprecherin bestätigte am Mittwoch auf Anfrage, dass es Anfang Januar Gespräche mit dem Hersteller Glaxo-Smith-Kline geben solle.

Das Unternehmen war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Nach Angaben Schuberts hätten die Länder dem Hersteller Glaxo-Smith-Kline ihr Vorhaben bereits mitgeteilt, schreibt die Zeitung. Sie werden demnach am 7. Januar mit dem Unternehmen über die Reduzierung der Liefermengen verhandeln.

Bei der Bestellung von 50 Millionen Impfdosen sei man noch von einer Zweifach-Impfung ausgegangen, somit habe sich die Vertragsgrundlage geändert, zitiert die Zeitung Schubert. Thüringen hat noch bis zum 31. Dezember den Vorsitz der Gesundheitsministerkonferenz der Länder.

Bislang haben sich nach Schätzungen des Paul-Ehrlich-Instituts rund sechs Millionen Bundesbürger gegen das H1N1-Virus immunisieren lassen. Anfang Dezember habe die Impfquote zwischen 4,7 und 6,7 Prozent gelegen, hieß es.

Nach jüngsten Angaben des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) wurden in Deutschland bislang 132 Todesfälle in Verbindung mit der Schweinegrippe registriert. Die Gesamtzahl der H1N1-Erkrankungen liegt diesen Angaben zufolge bei rund 210.000. Die meisten Krankheitsfälle wurden bislang in Bayern gezählt (42.052), gefolgt von Nordrhein-Westfalen (38.011) und Baden-Württemberg (30.756).

Hohe Kosten für die Kommunen

Die Krankenkassen bezahlen die Impfung nur, wenn Ärzte das Serum Patienten auch tatsächlich spritzen. Bleibt es bei der derzeitigen Impfmüdigkeit, muss zum Beispiel das Land Berlin die Rechnung für seine Impfvorräte größtenteils selbst begleichen. Bislang haben sich nur schätzungsweise 120.000 bis 130.000 Berliner zur Impfung entschlossen, berichtete Berlins Infektionsschutzbeauftragte Marlen Suckau. Auf Berlin könnten demnach Kosten von bis zu 13 Millionen Euro zukommen. Wie viel Geld das Land durch die reduzierte Bestellung des Impfstoffs einsparen kann, ist laut Gesundheitsverwaltung allerdings noch nicht absehbar.

Nach Angaben des Westfalen-Blatts ist es bisher noch nicht gelungen, nicht benötigten Impfstoff an bedürftige Staaten weiterzuverkaufen. Moldawien, Mazedonien, Kosovo, Albanien, die Mongolei und die Ukraine hätten bei der Bundesregierung angefragt. Die Staaten halten aber den von den Ländern geforderten Preis von sieben Euro pro Impfdosis für nicht marktgerecht, wie das Westfalen-Blatt" weiter schreibt.

Ein Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bestätigte den Bericht. Die Zeitung zitierte die Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp zudem mit den Worten: "Wenn die Länder Impfstoff verkaufen wollen, müssen sie mit dem Preis herunter gehen."

Krankheit laut WHO noch nicht überwunden

Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Schweinegrippe noch nicht überwunden. Vermutlich sei noch nicht einmal der Höhepunkt der Seuche erreicht, sagte WHO-Generaldirektorin, Margaret Chan, in einem Interview der Genfer Zeitung Le Temps. Zumindest sei es für eine solche Prognose noch zu früh. Demnach könnten sich im Verlauf dieses Winters noch viele weitere Menschen mit dem H1N1-Virus infizieren.

Erst jüngst hatte Transparency International wegen der Schweinegrippe-Impfung schwere Vorwürfe gegen die Pharmaindustrie erhoben. Die Krankheit sei "katastrophenmäßig aufgebauscht" worden und habe sich als "Papiertiger entpuppt", sagte Anke Martiny, Vorstandsmitglied der Anti-Korruptions-Organisation.

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