Zucker nicht immer erkennbar: Süße Lügen der Lebensmitteletiketten

Zucker wird von vielen unbewusst konsumiert. Schuld sind die Nahrungsmitteltabellen, aber auch irritierende Produktbezeichnungen.

Fabrikarbeiter kontrolliert Cola-Flaschen

Nicht immer sind alle Süßungsmittel gleich erkennbar Foto: dpa

BERLIN taz | Verbraucher*innen essen wesentlich mehr Zucker, als sie annehmen. Das berichtet die Verbraucherorganisation Stiftung Warentest. Das Problem sind unter anderem die angegebenen Portionen auf Fertigprodukten und die Zutatenbezeichnungen.

Durchschnittlich werden in Deutschland von jedem Menschen am Tag 87 Gramm Zucker verzehrt. Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird ein Grenzwert von 50 Gramm Zucker täglich gesetzt, ideal wären allerdings 25 Gramm. Dies entspricht ungefähr acht Stücken Würfelzucker.

Rund ein Achtel des täglichen Zuckers verzehren die Deutschen bewusst, indem sie ihren Kaffee süßen oder ein Stück Kuchen essen. Die restlichen sieben Achtel werden durch Fertigprodukte und Softdrinks konsumiert. So wird nicht nur Cornflakes, sondern auch Grundnahrungsmitteln wie Tomatenmark Zucker beigefügt.

Die Hersteller rechnen dabei oft mit viel zu kleinen Portionen, die nicht der Realität entsprechen. „Dreißig Gramm Cornflakes sind selbst für einen Grundschüler ein sehr knapp bemessenes Frühstück“, sagt Ina Bockholt, Ernährungsexpertin der Verbraucherorganisation Stiftung Warentest. Nun hat die Organisation 60 Produkte exemplarisch eingekauft und den Zuckerkonsum beim Verzehr von realistischen Portionen dieser Nahrungsmittel ermittelt. Bei Frühstückscerealien rechnet Stiftung Warentest beispielsweise mit einer Portionsgröße von 60 Gramm.

Zucker hat viele Gesichter

Irreführend sind auch die Angaben der Zutatenliste und Nährwerttabelle. Nicht alle Verbraucher*innen wissen, dass Gerstenmalzextrakt und Dicksäfte zuckerhaltige Produkte sind, die allerdings immer vom Zucker getrennt aufgeführt werden. Die Bezeichnung „Zucker“ steht in der Auflistung nur für Rohr- und Rübenzucker, jedoch nicht für Trauben-, Frucht- oder Milchzucker. Die Nährwerttabellen hingegen geben stets den Gesamtzuckergehalt an.

Joghurt oder Obst zum Beispiel haben allerdings von Natur aus Zucker, der viel unproblematischer ist als addierte Süßungsmittel. In welchen Proportionen der natürliche und der künstliche Zucker zueinander stehen, erfahren Verbraucher*innen aber nicht. Besonders problematisch sind Getränke mit Zuckerzusätzen. Aus diesem Grund forderte die WHO 2016 eine weltweite Steuer auf Softdrinks. In Frankreich wurde diese bereits eingeführt, in Deutschland noch nicht.

Nur rund ein Achtel des täglichen Zuckers verzehren die ­Deutschen bewusst

Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde hingegen sieht die Verbraucher*innen ausreichend aufgeklärt. Die Etiketten gäben alle wichtigen Informationen für den*die Konsument*in preis. Wer mehr Informationen möchte, könne sich auch immer direkt an den Hersteller wenden. Dies sei gesetzlich geregelt, sodass die Konsument*innen selber die Verantwortung tragen, sich gesund zu ernähren.

Auch Bockholt rät den Verbraucher*innen, sich umfangreich mit den konsumierten Lebensmitteln auseinanderzusetzen. Es sei wichtig, ein Bewusstsein für Zucker zu entwickeln und auch zu wissen, dass nicht jeder Zucker gleichermaßen ungesund ist.

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