„Mal auf den Tisch hauen“

LESUNG Die Autorin von „Muslim Girls“ erzählt von der Lebensrealität jener Frauen in Deutschland

■ 30, ist Herausgeberin des einzigen deutschen multikulturellen Frauenmagazins „Gazelle“. Sie sitzt in der Deutschen Islam Konferenz.

taz: Frau El Masrar, was unterscheidet „Muslim Girls“ von muslimischen Frauen?

Sineb El Masrar: Nichts.

Die neue Kategorie ist also nur ein Hingucker?

Ja. Am Ende muss das Buch ja auch verkauft werden, da muss der Titel ins Auge springen. In dem Buch geht es vor allem um Frauen muslimischen Glaubens, Frauen, die muslimisch geprägt sind. Es soll etwas Licht ins Dunkel der muslimischen Lebensrealität bringen. Und den Leuten sagen: Nehmt diese Frauen als Individuen wahr! Da muss man mal mit der Faust auf den Tisch hauen – das ist die Intention des Buches. Ich habe dafür mit 90 Frauen unterschiedlichster Herkunft gesprochen.

Viele bezeichnen sich als „Muslima“, auch wenn sie nicht gläubig sind. Dient das der Selbstbehauptung?

Es geht darum, sich Gehör zu verschaffen – und klarzustellen: Wir sind keine homogene Gruppe. Es wird viel über Muslime gesprochen und die einzelnen Stimmen, die aus diesen Reihen kommen, sind oft einseitig. Man hat das Gefühl, dass man da nur als Marionette funktionieren und sich äußern darf. Da hat sich viel Frust aufgestaut.

... auch gegenüber jenen, die für Frauenrechte und Emanzipation streiten?

Wenn es um Emanzipation in Deutschland geht, werden sogenannte Migrantinnen an sich – unabhängig davon, welcher Konfession sie angehören – total ausgeblendet. Diskutiert wird über Emanzipation innerhalb der deutschen Gesellschaft – und die migrantische Community in all ihren Facetten wird ausgeblendet.

Wie reagiert die Community denn auf Ihr Buch?

Am Anfang gab es viel Zurückhaltung, manche hatten eine Meinung, auch wenn sie das Buch nicht gelesen hatten. Das hat auch was damit zu tun, dass jene Frauen, die sich über muslimische Frauen äußern, oft die Geschichte der eigenen Unterdrückung erzählen.

Als was bezeichnen Sie sich selbst?

Ich bin auch ein „Muslim Girl“ und verstehe mich als gläubige Muslima. INTERVIEW: JAN ZIER

19 Uhr, Belladonna, Sonnenstr. 8