Birmas Held des Widerstands

Einer der prominentesten birmanischen Demokratieaktivisten ist tot: Win Tin starb mit 85 Jahren in einem Krankenhaus in Rangun an Organversagen. Der Oppositionspolitiker war Mitbegründer der Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) und Weggefährte von Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi.

Win Tin galt als unerschütterlicher Kämpfer gegen die wechselnden Militärs, die Birma (offiziell: „Myanmar“) jahrzehntelang regierten. Nach der blutigen Niederschlagung der Massenproteste für mehr Demokratie 1988 durch die damalige Junta war der Journalist verhaftet und im Jahr darauf verurteilt worden. Fast 20 Jahre saß er hinter Gittern und war damit der am längsten inhaftierte politische Gefangene seines Landes. Win Tin war Einzelhaft und Folter ausgesetzt, worüber er in seinem Buch „What’s that? A human hell“ berichtete. „Ich habe mehr als 7.000 Tage, etwa ein Viertel meines Lebens, hinter Gittern verbracht.“

Während seiner Haft ist Win Tin mit internationalen Preisen für Pressefreiheit geehrt worden. Im September 2008 wurde er amnestiert. Seine blaue Gefängniskluft trug er weiter, um auf das Schicksal anderer Dissidenten aufmerksam zu machen. 2012 rief Win Tin eine Stiftung ins Leben, um politische Häftlinge sowie Journalistenkollegen zu unterstützen.

Der Politveteran, der sich selbst als „störrischen alten Mann“ bezeichnete, gehörte zu denjenigen, die Aung San Suu Kyi öffentlich kritisierten. So hatte Win Tin der Oppositionsführerin einen allzu versöhnlichen Kurs gegenüber den Militärs vorgeworfen. Die seit März 2011 regierenden Exgeneräle bezeichnete Win Tin als „semimilitärisches Regime“. Von der Junta forderte er eine Entschuldigung für deren Verbrechen.

Wenig rühmlich finden Kritiker, dass der Kampf der Opposition für Menschenrechte nicht auch die muslimischen Rohingya einschließt, die in Birma brutal verfolgt und nicht als ethnische Minderheit anerkannt werden. Deren Menschenrechte sollten zwar respektiert werden, dennoch seien sie illegale Immigranten, war Win Tin einmal zitiert worden: „Die Rohingya sind nicht unsere Staatsbürger, und das weiß jeder.“ NICOLA GLASS