Folgen des Asylkompromisses unklar

MIGRATION Senat hofft auf Entlastung bei Unterbringung. Flüchtlingsrat sieht wenig Verbesserungen

Nach dem Asylkompromiss im Bundesrat hat das Rätselraten begonnen, welche Folgen die Änderungen für Berlin haben werden. Klar ist: Die Deklarierung Serbiens, Bosniens und Mazedoniens als „sichere Herkunftsstaaten“ wird Asylverfahren aus diesen Ländern verkürzen. Um wie viel, ist jedoch offen – und damit auch, wie groß die Entlastung bei der Unterbringung sein wird.

Anfang September hatte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) die Erwartung geäußert, die Änderung werde das für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) um 35 bis 40 Prozent entlasten. Das dürfte überzogen sein: In Berlin kommt ein Drittel aller Asylanträge aus den drei genannten Ländern. Schon jetzt sind ihre Verfahren um ein bis drei Monate kürzer als der Schnitt von sieben Monaten, sagt das Bundesamt für Migration (Bamf).

Die für die Anträge zuständige Behörde kann die künftige Verfahrensdauer noch nicht abschätzen. Das Bamf erhoffe sich vor allem eine „Signalwirkung“ in den Herkunftsländern, sagt eine Sprecherin. Langfristig sei aber auch die „Einführung von 48-Stunden-Verfahren für diese Länder denkbar“.

Bei den anderen Punkten des Asylkompromisses ist ebenfalls vieles offen – zumal die Regelungen zu Residenzpflicht, Arbeitserlaubnis und Sachleistungen noch nicht Gesetz sind. Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat befürchtet, dass sich „wenig für Flüchtlinge bessert“. So bringe die gelockerte Residenzpflicht wenig, da es weiter die Wohnsitzauflage gibt. Entsprechend gelassen ist Innensenator Frank Henkel (CDU), der gegen die Lockerung der Residenzpflicht war. Er könne mit dem Kompromiss leben, sagte er nach der Abstimmung, da „die Sozialkosten nur am Ort der Wohnsitzauflage erbracht werden und die örtliche Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens unberührt bleibt“. In Berlin und Brandenburg galt die Residenzpflicht ohnehin nicht mehr.

Wenig Wirkung werde auch die unbeschränkte Arbeitserlaubnis ab 15 Monaten Aufenthalt haben, prophezeit Classen. „Die meisten Asylanträge sind dann entschieden.“ Vorher soll aber weiter die Vorrangprüfung für Deutsche und EU-Bürger gelten. In Berlin dürfe sich unter den vielen Arbeitslosen immer jemand finden, der den Job machen muss. SUSANNE MEMARNIA