Frau Ludin und die Mudschaheddin

Die Muslimische Jugend wird wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht weiter vom Staat gefördert. Auch die Kopftuch-Vorkämpferin Fereshta Ludin saß im Vorstand

BERLIN taz ■ Das Bundesfamilienministerium hat mehrere Jahre eine islamisch-fundamentalistische Jugendorganisation gefördert und ihr einen Preis verliehen. Der Antrag der Muslimischen Jugend Deutschland (MJD) auf weitere Förderung sei „aufgrund neuer Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, die erst jetzt bekannt wurden, abgelehnt worden“, so Sprecherin Beate Moser gestern zur taz. Tatsächlich gibt es laut Berliner Verfassungsschutz „organisatorische und personelle Berührungspunkte“ zwischen MJD und den fundamentalistischen Muslimbrüdern, dem verbotenen Al-Aksa-Verein und auch zu Organisationen, die der vom Verfassungsschutz beobachteten islamistischen Milli Görüs nahe stehen.

Nun prüft das Ministerium ein Widerrufsverfahren für die schon ausgezahlten Fördermittel. Immerhin 64.000 Euro hat die MJD bekommen. Das Ministerium zeichnete sie zudem mit dem „Heinz-Westphal-Preis“ für Jugendarbeit aus, weil sie das „verzerrte Bild des Islams in der Öffentlichkeit zu verbessern und über den Islam als Lebensweg aufzuklären“ versuche. Fereshta Ludin, die Lehrerin, die bis vor das Verfassungsgericht zog, weil sie nur mit ihrem Kopftuch unterrichten möchte, war von 1997 bis 1999 im Vorstand der MJD.

Die MJD hatte Schulleitern in Berlin mit Verweis auf ihre Förderung durch das Familienministerium Referenten u. a. zu den Themen Fremdenfeindlichkeit und „Interreligiöser Dialog/Islam“ angeboten. Davor warnte der Schulsenator. „Mit diesen religiösen Vereinen kaufen sie immer politische Konzepte mit ein“, so Sanem Kleff, die bei der Lehrergewerkschaft GEW die interkulturelle Arbeit betreut. Sie arbeite deshalb prinzipiell mit keinem der muslimischen Vereine zusammen.

Auf ihrer Homepage erklärt die Muslimische Jugend missionarische Absichten: Sie wolle Jugendlichen „bei der islamischen Identitätsfindung helfen und sie für eine islamische Lebensweise motivieren“. Sie wolle „alle Menschen und im Besonderen die Jugend dazu einladen, nach Allahs Rechtleitung zu leben“, so stellt die MJD sich vor. Sie schwärmt von Fahrten zu Moscheen, die als Hochburgen der islamistischen Milli-Görus-Organisation bekannt sind und propagiert die strikte Geschlechtertrennung.

Der Verfassungsschutz verweist darauf, dass etwa das Vermögen der MJD im Falle einer Auflösung an den verbotenen Al-Aksa-Verein fließen sollen, der die Unterstützung von „Märtyrern“ zum Ziel hatte – was Innenminister Otto Schily mit „Hamas“ übersetzte. Die MJD sieht sich verleumdet: Der Al Aksa betreffende Absatz sei nach dem Verbot des Vereins aus der Satzung getilgt worden, so eine neue Erklärung auf der MJD-Homepage. An dem nun verfemten Schulprojekt seien auch nichtmuslimische Teamer beteiligt gewesen: „Hierbei geht es keineswegs um die Missionierung oder gar Rekrutierung von Schülern für irgendwelche Ansichten“, so heißt es.

Es bleibt, dass sie sich in zwielichtiger Gesellschaft befindet: Der Europäische Verband der MJD wurde lange vom fundamentalistischen Multifunktionär Ibrahim El-Zayat geleitet, der mit dem langjährigen Kopf von Milli Görus, Mehmet Sabri Erbakan, verschwägert ist und in zahlreichen Organisationen die Verbreitung des fundamentalistischen Islams in Deutschland befördert. Zudem fanden sich auf der MJD-Homepage in einer der regelmäßigen Freitagsbotschaften Koranzitate, die als Aufrufe zum Krieg gegen die USA gelesen werden können. Zum Irakkrieg wird da zitiert: „Wer einen mir Nahestehenden befehdet, dem habe ich (damit) den Krieg erklärt.“ Inzwischen hat die MJD einen Kommentar beigestellt, der darauf verweist, dass man „NICHT zum Krieg“ aufzurufen gedenke. Misslich ist auch, dass man auf die Homepage der MJD nicht nur über die Adresse „mjd-net.de“ kommt, sondern auch über „mujahid.de“. Mudschaheddin nennen sich diejenigen, die den Dschihad führen, den Heiligen Krieg.

HEIDE OESTREICH

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