Krisendienst in der Krise

Eigentlich sollte er dieser Tage starten, der im Januar angekündigte Notdienst, der auch nachts und am Wochenende Kinder und Jugendliche in Not aufsucht. Doch so schnell wird daraus nichts

VON EIKEN BRUHN

Viel zu lange dauere die Umsetzung des für April/Mai angekündigten Kinder-Krisendienstes, kritisierte gestern der grüne Jugendpolitiker Jens Crueger. Bis „spätestens zum 1. Oktober “, so die aktuelle Formulierung, soll der Dienst seine Arbeit aufnehmen – als einjähriges Modellprojekt. Wer die Dienste übernehmen wird, das ist genauso unklar wie die Finanzierung, räumte Sozialstaatsrat Joachim Schuster gestern ein. Er gehe davon aus, dass das Angebot 350.000 Euro kosten wird, abhängig davon, welche Arbeitszeitmodelle angewendet würden.

Der Plan der Sozialbehörde, der am Dienstag dem Jugendhilfeausschuss vorgestellt wird, sieht vor, nachts und am Wochenende jeweils eine Fachkraft eines freien Trägers und eine des Jugendamtes zu Krisenfällen zu bestellen. Dafür sollen zwei Sozialzentren zusätzliches Personal bekommen, das Einsatzgebiet ist die ganze Stadt. Welche Sozialzentren dazu bereit sind, wisse er nicht, auch nicht, ob sich schon MitarbeiterInnen freiwillig gemeldet hätten, so Schuster. Der Personalrat habe aber seine „Mitwirkung“ zugesichert. Welche Jugendhilfeträger sich an dem Modell beteiligen, werde noch verhandelt, so Schuster.

Entscheidend sei, dass die Mitarbeiter der freien Träger gleich behandelt würden wie ihre städtischen Kollegen, sagt Hardmuth Groß, Geschäftsführer der Hans-Wendt-Stiftung, eine der vier Bremer Jugendhilfeeinrichtungen, die bereits Krisendienste in der Nacht und am Wochenende anbieten. „Wir haben die Leute, die dafür ausgebildet sind“, sagt Groß. Allerdings mache es einen großen Unterschied, ob wie jetzt eine Familie anrufe, mit der man bereits Kontakt habe oder ob es Unbekannte seien. Umso wichtiger sei deshalb die Qualifikation derjenigen, die die Anrufe auf der bereits bestehenden Notrufnummer entgegennehmen. „Die entscheiden, ob das am Telefon geklärt werden kann oder ob jemand rausfahren muss, am besten in Begleitung der Polizei.“

Bisher ist die Hotline außerhalb der Dienstzeiten auf das Kinderschutzzentrum umgeschaltet, deren MitarbeiterInnen derzeit nur die Möglichkeit haben, die Polizei zu alarmieren. Unklar ist noch, ob das Zentrum den Telefon-Job auch dann machen wird, wenn ein anderer Träger den Auftrag hat, im Krisenfall hinauszufahren. Groß gibt zu bedenken, dass die Erfahrungswerte fehlen, wie oft ein solcher Einsatz notwendig sein wird. Davon hinge aber die Personalplanung sowohl beim Amt als auch beim Träger ab: Ob es also reicht, jemand auf Abruf mit einem Handy auszustatten oder besser dienstbereit ins Büro zu schicken. Das Sozialressort geht von zwei Einsätzen pro Woche aus.

Auch zu den Dienstzeiten sollen bereits jetzt laut Schuster zwei MitarbeiterInnen des Jugendamtes Krisenfälle persönlich in Augenschein nehmen. Ein Gutachten zur Arbeitsbelastung der Sozialzentren kommt allerdings zu dem Schluss, dass dazu mindestens 16 Stellen fehlen.