Gebet für NS-Richter

Sankt Hedwig hält Trauergottesdienst für Filbinger ab. SPD, FDP und Grüne finden das skandalös bis makaber

Die Gemeinde der Sankt-Hedwigs-Kathedrale bleibt ungeachtet der jüngst entbrannten Debatte um die Vergangenheit Hans Filbingers wohl bei ihrem für Dienstag geplanten Trauergottesdienst für den NS-Marinerichter. Er gehe davon aus, dass der Gottesdienst „nicht abgesagt wird“, sagte Stefan Förner, Sprecher des Erzbistums Berlin, gestern der taz. Er wies darauf hin, dass die Feier für den am 1. April verstorbenen früheren baden-württembergischen CDU-Ministerpräsidenten eine Initiative der Domgemeinde und ihres Exprälaten Wolfgang Knauft sei. Dieser habe den Gottesdienst damit begründet, dass der Nazi-Jurist dem 1944 zum Tode verurteilten Berliner Priester Karl Heinz Möbius das Leben rettete. Aufgrund Filbingers Intervention sei das Urteil aufgehoben worden.

Als am Wochenende die Trauerfeier bekannt geworden war, hatte es Kritik von Politikern gehagelt. SPD-Landeschef Michael Müller sprach von einem für ihn „nicht nachvollziehbaren“ Akt der Hedwigsgemeinde. Sein FDP-Kollege Markus Löning bezeichnete die Initiative als „Desaster“. Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig nannte die Feier angesichts der Todesurteile, an denen Filbinger beteiligt war, „makaber“.

Förner bekräftigte gegenüber der taz, dass es sich bei der Feier „um keine Veranstaltung des Erzbistums“ handle. Auch könne man Filbingers historische Rolle durchaus problematisch sehen. Er sehe aber keinen Anlass, warum der Gottesdienst abgeblasen werden sollte. Seiner Ansicht nach diene ein Trauergottesdienst „dem Gebet für den Toten“. Dies könne man auch „für einen Hans Filbinger tun“ und bedeute „keine Reinwaschung Filbingers“. Förner wies Überlegungen zurück, die Gemeinde tue dies als Reaktion auf die umstrittene „Oettinger-Rede“. Der Gottesdienst sei vor Oettingers Trauerrede festgelegt worden.

ROLF LAUTENSCHLÄGER