tazzwei-Ethikrat
: Verklemmte Titulierung

Ist die Sprachfloskel „eingefleischter Junggeselle“ für schwule Männer diskriminierend?

Nein, jedenfalls nicht für jene Sorte Mensch mit homosexuellem Begehren, die ihre grundsätzliche Tendenz zur Verhüllung ihrer sexuellen Umstände auf alle Fälle verschweigen. Auch dann steckt in der Wendung vom „eingefleischten Junggesellen“ nichts Diffamierendes, wenn alle Welt auf Anhieb hinter ihr eine verschämte, ja verklemmte Umschreibung des Unbenennbaren, des Schwulen erkennt.

Denn das ist es ja: Sehr früher firmierten homosexuelle Frauen als „alte Jungfern“, wobei es schon damals Jungfern gab, die das Lesbische nicht vermissten, heute hat sich diese Titulierung als verschmockt überlebt. Und zwar aus einem simplen Grund: Das besondere sprachliche Kümmern um alles, was der üblichen Ordnung widersprach, hat sich als untauglich erwiesen. Die übliche Ordnung – eine Frau, ein Mann haben nach der Pubertät samt Sturm-und-Drang-Jahren zu heiraten und Nachwuchs zu zeugen – ist weitgehend zerrüttet. Was auch daran zu merken ist, dass der eingefleischte Junggeselle kaum vom Single zu unterscheiden ist, die alte Jungfer nicht von der aus Erwägungen des Desinteresses sexualabstinenten Frau.

Der britische BP-Konzernboss John Browne galt noch jüngst in der Welt als ein Mann, dem das Junggesellendasein eingefleischt schien – dabei war er schwul, was aber niemand wissen sollte, denn dann hätte er keine Karriere machen können. In Wahrheit gilt das Alte kaum noch: Auch wer eine Person fragt, ob sie verheiratet sei, weiß noch nicht, ob dies in homo- oder heterosexueller Ausstattung zutrifft.

Ein eingefleischter Junggeselle ist die Formel des Dünkels gegen Homosexuelle. Jene müssen sich diskriminiert fühlen, denn sie können liiert sein, ohne Trauschein und sind deshalb keine Junggesellen mehr. JAF