stadtschlossbau
: Das feudalistische Prinzip

Beginnt der Bau des Stadtschlosses mit einem Taschenspielertrick? Wenn tatsächlich Beschlusslage ist, was der Vertreter des Bundesbauministeriums gestern erklärt hat, haben der Regierende und der Bundesbauminister die Berliner über die wahren Kosten für das Prunkprojekt getäuscht. Zusätzlich zum Landesanteil von 32 Millionen Euro soll Berlin auch die 80 Millionen für die Fassade vorstrecken. Davon war keine Silbe zu hören, als Wowereit und Tiefensee vor zwei Wochen stolz wie Bolle ihren Schlosskompromiss vorstellten.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Beim Schloss herrscht also das feudalistische Prinzip: Die Herren entscheiden, das Volk zahlt ja sowieso – und soll auch nicht wissen, wie viel es wirklich löhnt. Der Fördervereinschef von Boddien ist zwar der Überzeugung, die privaten Millionen flössen künftig wie von selbst auf sein Spendenkonto für die Fassade. Nun, da der Baubeginn endlich nahe rückt, sitzen die Portemonnaies wohlhabender Schlossfans lockerer, so sein Argument.

Von Boddiens Optimismus in allen Ehren. Aber er sammelt seit Jahren, zusammengekommen sind 13,5 Millionen Euro. Selbst davon ist der Großteil nur zugesagt, nicht überwiesen. Und wenn beim Architektenwettbewerb ein Entwurf siegt, der in der Fassade Anleihen an den Palast der Republik macht, wird die Spendenbereitschaft rapide abnehmen. Von Boddiens Klientel will preußischen Prunk, keinen Retrosozialismus. Der Spendensammler wird also wohl weit hinter seinem Ziel zurückbleiben; die verschuldete Hauptstadt ein Mehrfaches des verabredeten Betrages zusteuern.

Wowereit knüpft hier an eine Berliner Tradition an: Renommierprojekte werden immer teurer als geplant, und immer zahlt der Steuerzahler. Neu ist nur, dass ihm der Fall eine Koalitionskrise bescheren könnte: Die Linkspartei ist schon im Schlossgraben in Stellung gegangen.