Bund darf nur den Beton bezahlen

Auf dem Krippengipfel verhandeln Familienministerin von der Leyen und Finanzminister Steinbrück heute auch über Wege, wie das Geld für zusätzliche Kitas aus Berlin in die Gemeinden kommen könnte. Einfach überweisen ist nämlich nicht erlaubt

VON CHRISTIAN RATH

Ursula von der Leyen will, dass der Bund den Ländern und Kommunen beim Ausbau ihres Krippenangebots finanziell hilft. Doch das Grundgesetz erschwert solche Querfinanzierungen. Heute will die CDU-Familienministerin mit Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) über Wege und Summen verhandeln.

Ziel ist eine Verdreifachung der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren bis zum Jahr 2013. Dann sollen 750.000 Plätze in Krippen und bei Tagesmüttern zur Verfügung stehen und für 35 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe eine Fremdbetreuung angeboten werden.

Nach Berechnungen von der Leyens kostet dieser Ausbau in den sechs Jahren 2008 bis 2013 insgesamt 12 Milliarden Euro. Davon sind 3,8 Milliarden Euro für Investitionskosten eingeplant, insbesondere für Neu- und Umbau von Kitas. Diese Investitionskosten soll, so von der Leyens Angebot, der Bund übernehmen, jährlich würden so rund 630 Millionen Euro an die Länder fließen. Dagegen müssten die Länder allein für die erhöhten Personal- und Betriebskosten aufkommen. In der letzten Ausbaustufe, ab dem Jahr 2013, wären dies 2,3 Milliarden Euro pro Jahr.

Von der Leyen begründet die Beschränkung auf Investitionskosten mit dem Grundgesetz. Artikel 104b erlaubt dem Bund nur Finanzhilfen für „besonders bedeutsame Investitionen“ der Länder. Die Personalkosten der Krippen können so nicht finanziert werden. Das ist keine Folge der Föderalismusreform, die voriges Jahr in Kraft trat, sondern wäre auch vorher so gewesen.

Die Verschärfung von Artikel 104 b in der Föderalismusreform könnte aber sogar die Investitionshilfen gefährden. Dem Bund wurde nämlich verboten, den Ländern Finanzhilfen zu Investitionen zu geben, bei denen sie die Gesetzgebungsbefugnis haben. Die Länder wollten nicht mit dem „goldenen Zügel“ vom Bund gesteuert werden. Vor allem wollte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ein neues Investitionsprogramm für Ganztagsschulen vermeiden. Der Bund hatte unter Rot-Grün vier Milliarden Euro hierfür investiert.

Für Kinderkrippen ist die Neuregelung also dann kein Problem, wenn der Bund hierfür die Gesetzgebungskompetenz hat. Ein Gutachten des Staatsrechtlers Werner Heun, das indirekt im Auftrag des Familienministeriums erstellt wurde, sieht hier kein Problem. Heun stuft Regelungen über Kinderkrippen als Unterfall der „öffentlichen Fürsorge“ ein, für die der Bund zuständig ist. Vermutlich ist dies auch nicht umstritten, da die Länder nun ja Geld wollen.

Die Länder wollen sogar mehr Geld, als ihnen von der Leyen bisher angeboten hat. Vor allem wollen sie Zuschüsse zum laufenden Unterhalt der Krippen. Kurz vor dem Treffen mit Steinbrück deutete die Ministerin an, dass sie für Gespräche in diese Richtung zumindest offen ist.

Sie lehnt allerdings den Vorschlag von Hessen und Nordrhein-Westfalen ab, die einfach den Anteil der Länder an der Umsatzsteuer erhöhen wollen. Denn dann fließt das Geld in die allgemeinen Länderhaushalte und der Bund kann nicht sicherstellen, dass es auch bei den Krippen ankommt. Die Kommunen sind ebenfalls skeptisch und warnen vor den „klebrigen Händen“ der Länder.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund schlägt daher eine Grundgesetzänderung vor, die es dem Bund ermöglichen soll, den Kommunen auf direktem Wege zweckgebundene Mittel für den Betrieb von Betreuungseinrichtungen zukommen zu lassen. Beispiel ist etwa Artikel 106a im Grundgesetz, der es dem Bund erlaubt, den Ländern gezielt Geld für den Öffentlichen Nahverkehr zu überweisen.

Solche Zuschüsse zu den laufenden Kosten der Krippen hätten für die Länder auch den Vorteil, dass sie dauerhaft flössen. Die Investitionshilfen würden dagegen 2013 enden. Zum einen, weil der Ausbau der Kapazitäten dann abgeschlossen sein soll, zum anderen aber auch, weil das Grundgesetz solche Leitungen nur „befristet“ zulässt.