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: Das falsche Instrument

Ja, sind die denn verrückt geworden? Einerseits führt der Senat Volksbegehren ein, damit die Bürger mitbestimmen können. Andererseits darf das Volk bei der ersten, schlagkräftigen Initiative auf Landesebene nicht bestimmen, sondern nur windelweich appellieren. Nun könnte man der Regierung unterstellen, sie handle opportunistisch und biege sich ihre Entscheidungen bei der Endlosdebatte Tempelhof so zurecht, wie es gerade passt. Doch die Kritik ist in diesem Fall zu schlicht.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Die Frage der Tempelhof-Stilllegung ist nicht nur ein Berliner Thema, auch wenn der Flughafen mitten in Berlin liegt. Sie ist verknüpft mit dem Bau des Großflughafens vor der Stadt. Die Verbindung und ihre Logik – wir bauen einen Flughafen, dafür legen wir zwei andere still, um Hunderttausende zu entlasten – hat das Bundesverwaltungsgericht geprüft und bestätigt. Bund, Berlin und Brandenburg haben das Vorgehen in einem jahrelangen demokratischen Prozess ausgehandelt.

Wenn nun die Landesregierung nach Lektüre der Verfassung zu dem Schluss kommt, das – auf Berlin begrenzte – Volksbegehren sei das falsche Instrument, um den Stilllegungsbeschluss auszuhebeln, ist das keine Veräppelung des Volkes, wie Kritiker rufen. Die Landesregierung macht vielmehr ihren Job – der Senat muss sich schließlich an Recht und Gesetz halten. Übrigens hat genau jene CDU, die jetzt „Betrug!“ ruft, gegen mächtige Volksbegehren gekämpft.

Natürlich nutzt Rot-Rot den Auslegungsspielraum, um seine Sicht durchzudrücken. Natürlich meldet Rot-Rot den Airport schrittweise ab. Das ist das normale politische Geschäft. Die Volksbegehrer aber sind frei, gegen die Schaffung vollendeter Tatsachen zu klagen. Und sie müssen sich fragen, ob sie zum falschen Mittel gegriffen haben.