Tanz ums Geld für den Karneval

Der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg fordert das Land auf, den Karneval der Kulturen finanziell abzusichern. Senat blockt ab. Zum Umzug werden 800.000 Besucher erwartet

von ANTJE LANG-LENDORFF

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) könnte ruhig ein bisschen mehr Samba-Leidenschaft an den Tag legen. Dieser Ansicht ist jedenfalls der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne). „Der Karneval der Kulturen ist ein gesamtstädtisches Ereignis, das viele Touristen anzieht. Berlin profitiert davon und sollte es deshalb auch finanziell absichern“, sagte er gestern bei der Vorstellung des diesjährigen Karneval-Programms in der Werkstatt der Kulturen. Die derzeitige Situation bezeichnete Schulz als „keine befriedigende Lösung“.

Klaus Wowereit ist zwar Schirmherr der Multikulti-Parade, zahlt dafür aber nichts aus dem Landeshaushalt. Nach Angaben der Werkstatt der Kulturen, die den Karneval veranstaltet, wird die Organisation des Ereignisses mit Geldern von Sponsoren und den Einahmen vom Straßenfest finanziert. Die Gruppen tragen die Kosten für ihren Auftritt selbst. Einige hätten wegen fehlender Finanzen ihre Teilnahme absagen müssen, berichtete Organisatorin Nadja Mau.

Immerhin hat der Karneval dieses Jahr 166.000 Euro der öffentlichen Lotto-Stiftung erhalten. Das Geld soll für die Logistik verwendet werden. „Die Mittel der Lotto-Stiftung sind schön und gut. Doch wir wollen in den Kulturhaushalt kommen, damit wir nicht jedes Jahr neue Geldgeber suchen müssen. Wir brauchen Planungssicherheit“, sagte Ellen Häring von der Werkstatt der Kulturen. Torsten Wöhlert, Sprecher der Senatsverwaltung für Kultur, wies diese Forderung zurück. „Der Karneval wird vom Land durch die Lotto-Stiftung gefördert. Das ist so – und das wird auch so bleiben.“

Trotz der Diskussion über die Finanzen findet der zwölfte Karneval der Kulturen wieder in gewohnter Größe statt: Zum Umzug am Pfingstsonntag haben sich 95 Gruppen mit 4.500 Teilnehmern angekündigt. Um 12.30 Uhr beginnt die Parade am Herrmannplatz und zieht dann wie in den vergangenen Jahren zur Yorckstraße. Die Veranstalter rechnen mit 800.000 Schaulustigen. Der U-Bahnhof Südstern wird aus Sicherheitsgründen schon am Sonntagmorgen gesperrt.

Neben altbekannten Samba-Formationen treten dieses Jahr mehrere Gruppen mit politischem Anspruch auf. Angolaner wollen mit einem szenischen Auftritt an den rassistischen Mord an Amadeu Antonio vor 17 Jahren erinnern. Deutsche und französische Jugendliche setzen sich mit dem Klimawandel auseinander. Zum ersten Mal beteiligt sich auch die Stadtmission an der Parade.

Unter dem Motto „Frei wie ein Wal“ zieht bereits am Samstag der Kinderkarneval vom Mariannenplatz zum Görlitzer Park. Das Straßenfest findet von Freitag bis Montag auf dem Blücherplatz statt. Auf vier Bühnen sollen 125 Bands spielen. Bei den Fressbuden liegt der Schwerpunkt dieses Jahr auf Osteuropa.

Insgesamt hoffen die Veranstalter auf 1,4 Millionen Besucher. Aber das hängt wie immer auch vom Wetter ab. Andreas Freudenberg von der Werkstatt der Kulturen hat schon den ein oder anderen verregneten Karneval erlebt: „Beten Sie mit uns für Sonnenschein.“