Sackgasse Bachelor

Der AStA der Uni Hamburg ist besorgt: nur einer von vier Bachelor-Absolventen bekommt einen Master-Platz. Etwa 1.200 Plätze fehlen, sie zu finanzieren würde die Stadt zehn Millionen Euro kosten

Ein Bachelor-Studium dauert in der Regel nur sechs Semester, ein Master-Studium vier Semester. Vor der Einführung dieser Struktur im Jahr 2004 hatten die meisten Studiengänge an der Uni Regelstudienzeiten von zehn Semestern. Um die Einführung gab es erbitterten Streit. Der frühere Uni-Präsident Jürgen Lüthje plädierte für ein integriertes Modell, bei dem Studierende nach dem Bachelor je nach Wunsch aussteigen oder automatisch mit dem Master weitermachen können. Senator Dräger bestand auf dem konsekutiven Modell, das beide Studienphasen trennt. So ließen sich auch Ressourcen sparen. KAJ

VON KAIJA KUTTER

Ein Gespräch mit Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) über die Zukunft der Universität Hamburg in der vergangenen Woche verlief für AStA-Sprecher Thorsten Hönisch „nicht sehr befriedigend“. Es ging konkret um die Frage, wie viele Masterstudienplätze pro Jahr für die nun nach und nach fertig werdenden Bachelor-Absolventen angeboten werden. Die Zahlen liegen diametral auseinander. Dräger ließ dem AStA nach einer Bedenkpause am Freitag mitteilen, er halte 2.400 Plätze für maximal möglich, einschließlich der Plätze für Lehramtsstudierende und für Studierende mit Staatsexamen, die ohnehin nicht mit dem Kurzstudium auskommen. Nach Abzug dieser Ausnahmestudiengänge, so hat der AStA errechnet, blieben für die übrigen rund 4.000 Bachelor-Absolventen nur 1.200 Masterstudienplätze übrig.

„Das ist lächerlich wenig“, sagt Thosten Hönisch. „Der Senat will sich als Wissens- und Kreativmetropole profilieren und schlägt gleichzeitig jungen Talenten die Nase vor der Tür zu.“ Begabte Studierende würden sich gleich einen anderen Studienort suchen. Und Top-Wissenschaftler nicht an eine Uni kommen, wo sie vor allem Bachelor-Studierende unterrichten. Hönisch: „Die Konsequenz ist eine Verfachhochschulisierung der Uni, die in vielen Bereichen nicht mal mit der HAW (ehemalige Fachhochschule) mithalten kann.“

Konkret müssten sich die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, die Geisteswissenschaften, die Psychologen, die Sportwissenschaftler und die Fakultät der Mathematik-, Informatik und Naturwissenschaften, kurz MIN, die 1.200 Master-Plätze teilen. Da in den Naturwissenschaften der Bachelor vielfach nicht berufsqualifizierend sei – Hönisch: „Damit wird man allenfalls Laborassistent“ – müsste dort die Übergangsquote erhöht werden, was zu einer noch geringeren Platzzahl bei den Geistes-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften führen werde. Hönisch: „Für die ganzen Geisteswissenschaften bleiben dann vielleicht 200 Plätze, für einzelne Studiengänge zehn.“ Weil so der Nachwuchs fehle, werde dies zu einem „großen Fächersterben in den Geisteswissenschaften führen“. Ebenso drängend sei aber auch hier das Problem eines fehlenden Arbeitsmarktes. Hönisch: „Ich sehen die Berufsfelder für Bachelor-Absolventen hier nicht.“

Nötig sei eine Übergangsquote von 75 Prozent vom Bachelor zum Masterstudiengang, was durch 2.400 Plätze exklusive die Ausnahmestudiengänge erreicht würde, so die Berechnungen des AStA. Dafür müsste die Stadt etwa zehn Millionen Euro pro Jahr zusätzlich zahlen, und auch das würde nur reichen, wenn das Lehrdeputat der Professoren von acht auf neuen Semesterwochenstunden erhöht wird.

Die Berechnungen des AStA basierten auf Angaben von Uni-Vizepräsident Holger Fischer. Das Uni-Präsidium hatte nach dem Wegang von Uni-Präsident Jürgen Lüthje eine neue Berechnung vorgenommen. Auch die neue Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz hatte im Februar nach 100 Tagen Amtszeit erklärt, sie habe Sorge, ob die Kapazitäten für die wissenschaftlichen Masterstudiengänge ausreichen. Eine Universität dürfe nicht nur die erste Ausbildungsphase betrachten, „Kerngeschäft“ sei die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Jörg Drägers Sprecherin, Sabine Neumann, bestätigte gegenüber der taz, dass es ein Gespräch mit dem AStA gab. Die Universität habe Berechnungen angestellt, „die wir so nicht teilen“. Beispielsweise hätten Lehramtsstudierende im Masterstudium einen hohen Praxisanteil und müssten „anders betrachtet werden als Studierende, die zwei Jahre anwesend sind“. Da die ersten Bachelor-Absolventen bald fertig sind, wolle man bis Ende Juni mit der Hochschule zu einer einvernehmlichen Lösung kommen.