taz-serie „wie retten sie die welt?“ heute: cdu-fraktionschef Friedbert Pflüger
: „Ich will eine weltweite Lobbyagentur für Öko-Firmen – in Berlin“

Auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm treffen sich die Mächtigen der Welt, um zu besprechen, wie es mit unserem Erdball weitergehen soll. Antworten – das ist jetzt schon klar – werden sie keine finden. Sie brauchen Nachhilfe. „Wie retten Sie die Welt“, fragt die taz deswegen jeden Tag eine/n interessante/n Berliner/in.

„Natürlich tue ich das Naheliegende. Meine Frau und ich nutzen Ökostrom, und zum Winter hin lassen wir unserer Wohnung eine Energie sparende Wärmedämmung verpassen. Und gäbe es einen deutschen Hersteller, würde ich nicht zögern, mir ein Hybridauto zuzulegen. Ich begrüße es, dass der Klimaschutz wieder in die breite Öffentlichkeit dringt. Aber ich habe eine Sorge. Kaum wird das Thema akut, wird es wieder zerredet.

Zwar sagen alle Experten: Der Klimakollaps droht. Doch wenn das stimmt, tun wir immer noch zu wenig, um ihn zu verhindern. Ich bin Mitglied der Umweltkommission meiner Partei. Unsere Vorschläge sind anspruchsvoll. Manche sagen sogar, unsere seien ambitionierter als die der Grünen. Wir brauchen eine Art „ökologisches Bruttoinlandsprodukt“. Das sind die Mehrkosten, die die Gesellschaft schultern muss, wenn immer höhere Dämme her müssen und die Umweltkatastrophen zunehmen. Das veranschlagt bislang niemand. Was die Umwelt schädigt, muss seinen Preis haben. Letztlich muss das auch für Flugreisen gelten. Gleichzeitig müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft im Auge behalten.

Dafür habe ich vor kurzem einen Gesprächskreis für Klimaschutz eingerichtet, daraus ist fast so etwas wie ein „Who is who?“ der deutschen Umweltpolitik geworden. Gemeinsam debattieren wir über den drohenden Klimakollaps. Vor allem aber wollen wir Lösungswege aufzeigen.

Wie die aussehen könnten? Ich wünsche mir eine weltweite Agentur für regenerative Energien: eine Lobbyorganisation, die Öko-Unternehmen koordiniert, vorantreibt und für sie wirbt. Bereits im 2003 war die Gründung von IRENA im Gespräch – der International Renewable Energy Agency. Sie müsste praktisch das Gegenstück zur IAEO sein, die weltweit für die Kontrolle der Atomindustrie zuständig ist. Ihr Grundstein könnte beim G-8-Gipfel in Heiligendamm oder danach gelegt werden. Am liebsten wäre mir natürlich, der Sitz dieser Agentur wäre in Berlin.

IRENA könnte spektakuläre Vorzeigeprojekte anstoßen. Gemeinsam mit den Vereinten Nationen und den G 8 ließe sich ein ganzes Musterland der erneuerbaren Energien schaffen. Beispielsweise das westafrikanische Benin. Stellen Sie sich das vor: ein Staat, der seinen Energiebedarf vollständig durch regenerative Quellen deckt. Das wäre ein tolles Projekt. Und wenn wir das geschafft haben, gehen wir das nächste Projekt an. Ich möchte, dass dieses Aufbruchsgefühl auch Berlin ergreift. Davon spüre ich bislang viel zu wenig. Dass sich das ändert, ist mir ein Herzensanliegen. Ich habe zwei kleine eigene Kinder und zwei Patenkinder desselben Alters in Tansania und Nicaragua. Es geht bei allem weniger um meine, sondern um ihre Zukunft.“

PROTOKOLL: MATTHIAS LOHRE

Friedbert Pflüger, 52, ist seit September 2006 CDU-Fraktionsvorsitzender