Einbürgerungstest jetzt homofrei

Baden-Württemberg streicht vier Fragen aus dem umstrittenen „Gesprächsleitfaden“

BERLIN taz ■ Ihre Einstellung zu Homosexualität müssen Einbürgerungswillige in Baden-Württemberg künftig nicht mehr verraten. Die beiden entsprechenden Fragen hat die Landesregierung aus ihrem umstrittenen Einbürgerungstest gestrichen. Eine Überarbeitung der zunächst als Muslim-Test bekannt gewordenen Befragung hatte Innenminister Heribert Rech (CDU) bereits Anfang vergangenen Jahres angekündigt. Jetzt liegt eine neue Version des Gesprächsleitfadens vor, das Kabinett wird sie vermutlich Anfang Juli verabschieden. Vier der bislang insgesamt 30 Fragen wurden gestrichen, einige neue sind hinzugekommen.

Der Muslim-Test hatte im vergangenen Jahr zu bundesweiten Protesten geführt. Zunächst war vorgesehen, dass sich alle Muslime einer verschärften Überprüfung vor der Einbürgerung unterziehen müssten. Bei allen anderen Einwanderern, die Deutsche werden wollen, war dies nur bei berechtigten Zweifeln an der Verfassungstreue der Bewerber vorgesehen. Zudem wurde der Test, bei dem zahlreiche persönliche Einstellungen abgefragt werden, als „Gesinnungsschnüffelei“ kritisiert. Die meisten dieser Fragen sind weiterhin im Test enthalten. Inzwischen wird der „Gesprächsleitfaden“, wie der Test offiziell heißt, bei allen BewerberInnen nur noch bei Zweifeln eingesetzt. Wann er benutzt wird und wie viele Fragen verwendet werden, entscheidet der Sachbearbeiter vor Ort.

Die Bewerber müssen nun nicht mehr beantworten, was sie davon halten, dass Schwule in Deutschland öffentliche Ämter bekleiden. Auch ihre Reaktion auf ein fiktives Outing ihres Sohnes müssen sie nicht mehr offenbaren. Ebenfalls gestrichen wurde eine offensichtlich auf antisemitische Einstellungen zielende Frage: „Manche Leute machen die Juden für alles Böse in der Welt verantwortlich und behaupten sogar, sie steckten hinter den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York. Was halten Sie davon?“ Gefragt werden kann jetzt neu nach der Einstellung zu Organisationen, die die Scharia in Deutschland einführen wollen, und nach der Mitgliedschaft in Organisationen wie der kurdischen PKK oder der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP).

Im ersten Halbjahr 2006 ist der Leitfaden nach Angaben des Innenministeriums bei gut rund einem Fünftel der Antragsteller, insgesamt knapp 5.000, angewandt worden. Bei 28 davon hätten die Ergebnisse neben anderen Gründen wie schlechten Deutschkenntnissen zur Ablehnung des Einbürgerungsantrags geführt. Das baden-württembergische Innenministerium geht davon aus, dass die Einbürgerungsbehörden nun langfristig mit dem neuen Leitfaden arbeiten werden. Das gelte auch, wenn bundeseinheitliche Standards zur Einbürgerung eingeführt werden, wie es die Konferenz der Innenminister im Mai 2006 beschlossen hat.

SABINE AM ORDE