Besuch vom reichen Onkel aus Schwaben

Opposition setzt auf Günther Oettinger als Verbündeten, um Berlin zu entschulden. Linke kritisiert naive Hoffnung

Zu einer Partnervermittlung haben sich CDU, Grüne und FDP zusammengetan und werben reiche Freunde für den rot-roten Senat. Gestern trafen sich die Fraktionschefs der Oppositionsparteien mit Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU). Dieser stellte einen Entschuldungspakt für arme Länder in drei bis acht Jahren in Aussicht.

„Eine enorme Chance für Berlin“, lobte CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger den von Oettinger angeregten Schuldenfonds. „Seine Vorschläge sind glaubwürdig“, meinte auch die grüne Fraktionsvorsitzende, Franziska Eichstädt-Bohlig. Man habe Oettinger gebeten, sich auch mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zu treffen. Laut Senatssprecher Michael Donnermeyer werde es wirklich Gespräche zwischen Wowereit und Oettinger geben. Ein Termin stehe aber noch nicht fest. Als Mitglieder der Föderalismuskommission II, die die Finanzströme zwischen Bund und Ländern neu lenken soll, sehen sich Wowereit und Oettinger ohnehin regelmäßig.

Oettinger hatte als Kommissionsvorsitzender Ende März vorgeschlagen, Berlin für jeden getilgten Euro seiner 60 Milliarden Euro Schulden 1 Euro zu erlassen. Bedingung sei, dass das Land keine neuen Schulden macht. Die alten Verbindlichkeiten sollen in einen Fonds umgebucht werden, den Bund und Länder gemeinsam abtragen. Im Gegenzug zum Schuldenerlass fordert der reiche Günther Konzessionen. Die wohlhabenden Länder wollen in größerem Umfang über ihre Einnahmen verfügen. Oettinger schlug gestern vor, dass die Länder etwa das Recht haben sollten, eigene Aufschläge auf die Einkommensteuer zu erheben, um Sonderprojekte zu finanzieren. Die Grundprinzipien des Länderfinanzausgleichs und des Solidarpakts II will Oettinger zunächst nicht in Frage stellen.

Dabei ist es kein Geheimnis, dass sich Baden-Württemberg und die anderen vier Geberländer gewaltig über den Finanzausgleich zwischen den Bundesländern ärgern, müssen sie doch einen Gutteil ihrer Steuereinnahmen an die elf ärmeren Länder weiterreichen. Berlin erhält jährlich 2,8 Milliarden Euro von den Ländern.

Grünen-Parteivorsitzende Barbara Oesterheld ist denn auch skeptisch über die Avancen ihrer Fraktion an Oettinger: „Er ist nicht gerade der zuverlässigste Partner.“ Noch schärfer kritisiert der Haushaltsexperte der Linkspartei, Carl Wechselberg, das Treffen: „Die Opposition verhält sich naiv.“ Reichen Ländern wie Baden-Württemberg ginge es bei der Föderalismusreform vor allem darum, ihre starke Stellung zu halten und auszubauen. „Das geht an bestimmten Stellen nur gegen die Interessen Berlins.“ ANNA LEHMANN