Bush gefällt die Rolle des Good Guy

US-Präsident Bush macht Angela Merkel die Bühne frei – dafür bekommt er den netten Part zugewiesen. Er weiß, dass der Gipfel nichts hinterlässt, was ihm bis zum Amtsende noch Probleme machen könnte

BERLIN taz ■ Für die Magenverstimmung, die US-Präsident George W. Bush gestern früh davon abhielt, die erste Sitzung des Tages mit den afrikanischen Staatschefs zu besuchen, gab es zumindest keinen inhaltlichen Grund: Der Mann aus Washington hat zwar bei diesem Gipfel keine Beliebtheitspunkte sammeln können – aber er hat sich in den wesentlichen Punkten durchgesetzt. Beim Klima ist, ganz wie Bush es gewünscht hatte, keine konkrete Vorgabe der Kohlendioxid-Reduktion vereinbart worden, und zum Thema Afrika übernahm der Gipfel eins zu eins das, was Bush vorgetragen hatte. Das Wunderbare: Die anderen reagierten nicht einmal wütend.

Bush muss sich fühlen wie einst Dick Cheney: Als der US-Vizepräsident bei einem Jagdunfall einen Mitstreiter mit der Schrotflinte über den Haufen schoss, entschuldigte der sich danach noch in den Medien, dass er im Weg gestanden habe. Ungefähr so muss Bush das Verhalten von Angela Merkel empfinden. Und: Je lauter die um ihr Image als internationale Maklerin besorgte Bundeskanzlerin den Fehlschlag von Heiligendamm als Riesenerfolg feiert, desto mehr steht auch Bush nicht mehr als Buhmann vor der Weltöffentlichkeit. Bush und Putin – beide sind als Inkarnationen der Verantwortungslosigkeit nach Heiligendamm gereist; beide fliegen als scheinbar kompromissfähige Staatschefs wieder davon.

Bush ist es gewohnt, bei internationalen Treffen die Rolle des Bösen zu übernehmen. Gegen ihn protestieren die Massen, wo auch immer er auftritt, gegen seine Delegationen verhandeln die Sherpas der übrigen Welt. Vielleicht gerade weil die Erwartungen an eskalierenden Streit so hoch waren, die Legitimität des G-8-Treffens an sich – auch durch die gelungenen Proteste – stärker angegriffen ist denn je, herrscht zum Abschluss seltsam harmonischer Brei. Die Belanglosigkeit ist greifbar, sie ist Bush gerade recht und den anderen billig.

Bush weiß, dass der Gipfel nichts hinterlässt, auf dem aufgebaut werden müsste oder wofür er innenpolitisch angefeindet werden könnte. Er muss nichts rechtfertigen. Ziel erreicht.

Zurück in den USA sind es ohnehin andere Themen, die die Politik bewegen: Das Scheitern der Einwanderungsreform im Kongress ist für Bush schmerzhafter als es ein Halbsatz der G-8-Abschlusserklärung überhaupt hätte sein können. In Klimaschutzfragen wird die Bundesregierung in Washington von den Einzelstaaten überholt, und auf wundersame Weise könnte sich Bushs marktliberale Festlegung gegen verordnete Zielvorgaben für die Vereinigten Staaten sogar als machbar erweisen – durch das, was seine Kritiker in Wirtschaft, Wissenschaft und Bundesstaaten auf die Beine stellen.

Bush steht rund eineinhalb Jahre vor dem Ende seiner Präsidentschaft. Wie die in den USA abschließend bewertet werden wird – die berühmte „legacy“ –, darüber bestimmt einzig und allein der Fortgang des Irakkriegs. Bush will nichts mehr. Und freut sich, wie gut das geht. BERND PICKERT