Musterschüler der Zensur

Die amerikanische Internetfirma Yahoo beklagt, dass ihre Bilderplattform in China zensiert wird. Ausgerechnet!

Die Hongkonger Yahoo-Filiale wirft den chinesischen Sicherheitsbehörden die Blockierung ihrer Bilderplattform Flickr.com vor. Der Grund sollen Bilder vom Tiananmen-Massaker der Volksarmee vor 18 Jahren und jüngste Aufnahmen von Demonstrationen gegen eine Chemiefabrik in der Stadt Xiamen sein, die auf Flickr.com in den letzten Wochen einsehbar waren.

Dass Yahoo die Sache öffentlich macht, überrascht. Bisher gilt die amerikanische Internetfirma bei kritischen Internetnutzern in China als besonders opportunistisch gegenüber den kommunistischen Zensurbehörden. Dafür sorgt bis heute der Fall des im April 2005 zu 10 Jahren Haft verurteilten Dissidenten Shi Tao, an dessen polizeilicher Verfolgung die Yahoo-Filiale in Hongkong aktiv mitwirkte. Yahoo gab damals Shis Internetidentität preis, ohne dazu verpflichtet zu sein. Shi hatte angeblich geheime Propagandamaterialen ins Netz gestellt.

Der Ärger vieler Kritiker nahm über die Jahre auch deshalb zu, weil die Firma ihr Vorgehen gegen Shi stur rechtfertigte. Als Yahoo Ende 2005 eine Milliarde Dollar für einen 40-Prozent-Anteil an der chinesischen Internetfirma Alibaba investierte und die eigenen Operationen in China an Alibaba übergab, sagte Alibaba-Chef Jack Ma zum Fall Shi Tao: „Ich würde das Gleiche wieder tun“, und meinte damit die Herausgabe der Shi-Kontakte an die Polizei. Allerdings nimmt mittlerweile auch die Kritik unter den eigenen Aktionären zu.

Die aktuelle Blockade muss trotzdem keine endgültige sein. Wie man in China mit wenigen zusätzlichen Links umgeht, lernt man von He Caitou auf www .hecaitou.com. Der bekannte chinesische Blogger schloss sich mit Kollegen im Iran kurz, wo Flickr .com schon länger gesperrt ist, und ließ sich von ihnen über die virtuellen Umwege aufklären.

GEORG BLUME