„Der Umgang mit uns ist absolut perfekt“

Jan Kayser, Landesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union, freut sich über die Akzeptanz von Homosexuellen in der CDU-Spitze. Es sei aber ein langwieriger Prozess, bis auch die Parteibasis da mitziehe

taz: Herr Kayser, Peter Kurth bestreitet nach einem Outing durch ein Schwulen-Magazin nicht, homosexuell zu sein. Das war nicht der erste Text dieser Art. Hätte er sich früher so verhalten sollen?

Jan Kayser: Von einem Bekenntnis erst jetzt kann doch keine Rede sein. Peter Kurth hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, schwul zu sein, egal ob beim Motzstraßenfest oder in einem Interview mit Männer aktuell. Ich verstehe deshalb nicht ganz den jetzigen Rummel.

Das hat aber bisher nur einen beschränkten Kreis erreicht. In breiter Öffentlichkeit hatte sich Kurth noch nicht geoutet, anders als Klaus Wowereit.

Peter Kurth hat da tatsächlich keine große Veranstaltung daraus gemacht wie Wowereit. Aber ich wüsste nicht, wie er sich mehr für uns hätte einsetzen können.

Es gibt aber doch auch die Position von Schwulenverbänden, dass prominente Schwule sich outen müssen, um für größere Akzeptanz zu sorgen.

Es ist sicherlich vorteilhaft aus Sicht der Lesben und Schwulen in der Union, wenn sich CDU-Politiker zu ihrer Homosexualität bekennen. Ich betone aber, dass es Sache eines jeden ist, was er aus seinem Privatleben macht, und deswegen wird da niemand von uns gedrängelt.

Kurth bestreitet, dass Homosexuelle in der CDU schlechter stehen als in anderen Parteien. Hat er Recht?

Absolut, besonders wenn ich mir die Situation in der Berliner CDU anschaue. Da kann ich mich wirklich nicht beschweren. Wie man mit uns in der Landesgeschäftsstelle umgeht, dass ist absolut perfekt, wir haben dort ein eigenes Büro – und das liegt genau gegenüber von dem des Landesvorsitzenden. Und auf Bundesebene gibt es regelmäßige Gespräche mit Angela Merkel.

Wenn das alles schon so normal wäre, dann bräuchte die Union doch ihren Arbeitskreis gar nicht.

Es ist natürlich so, dass die CDU eine große Volkspartei ist wie die SPD auch. Und auch wenn sehr führende Politiker uns unterstützen, muss man natürlich eine gesamte Partei mitnehmen. Dass das ein längerer Prozess ist, ist absolut natürlich für eine Volkspartei …

deren Programm doch weiterhin Ehe und Familie über eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft stellt, oder?

Wir vermissen viel mehr eine Regierungsinitiative zum Lebenspartnerschaftsgesetz II. Hier ist es die CDU, die im Bundesrat drängelt, in Form einer angekündigten Initiative von Hamburgs Justizsenator Kusch.

Was sagen Sie zu dem Satz von Edmund Stoiber: „Wenn ich über steuer- und erbrechtliche Anerkennung von homosexuellen Paaren diskutiere, dann kann ich gleich über Teufelsaustreibung diskutieren“?

Dieser Satz wird immer wieder ausgegraben. Wir sollten uns nicht ewig mit Gestrigem beschäftigen. Edmund Stoiber gehört zu denjenigen, die heute Parteifreunde kritisieren, wenn es bei Stammtischen mal zu unangemessenen Äußerungen kommt. Kümmern wir uns lieber um Inhalte.

Nichtsdestotrotz müssen Sie doch in einer Partei mit dem „C“ besondere Probleme haben. Zumindest für die katholische Kirche gibt es keine gleichgeschlechtliche Ehe.

Bei der evangelischen Kirche aber hat die Synode im vergangenen Herbst die Segnung homosexueller Paare unterstützt. Da steht die Kirche also schon äußerst weit auf unserer Seite.

Aber nicht die katholische.

Klar, der größere Einflussfaktor, das größere Hindernis ist die katholische Kirche. Da wird es sicherlich noch länger dauern.

Peter Kurth wollte vor fünf Wochen Landeschef werden und scheiterte knapp. Könnten Ressentiments gegen einen schwulen Vorsitzenden den Ausschlag gegeben haben?

Das kann ich mir nur sehr schwer vorstellen. Dass uns der Landesvorstand Ende April einstimmig, ich sag’s noch mal: einstimmig als Arbeitskreis der Union anerkannt hat, zeigt mir, dass die Berliner CDU mit Schwulen überhaupt kein Problem hat.

INTERVIEW: STEFAN ALBERTI