„Das ist meine Lebensweise“

Badr el Din Dehne (21) hat ein Jahr lang im französischen Château-Chinon studiert,an einer privaten islamischen Universität. Ein Gespräch über seine Erfahrungen

taz: Warum studieren Sie an einer islamischen Universität?

Badr el Din Dehne: Weil es eine gute Idee ist, mich islamisch ausbilden zu lassen. Schließlich ist das meine Lebensweise. Ich konnte mir nicht vorstellen, in ein relativ fremdes arabisches Land zu gehen und dort zu studieren. Dann habe ich von der islamischen Uni in Château-Chinon erfahren.

Was genau haben Sie dort studiert und gelernt?

In Château-Chinon kann man nach zwei Jahren den Abschluss als „Imam und Murabbi“ machen: Vorbeter und Erzieher. Wer vier Jahre bleibt, kann einen Abschluss in „Scharia“, also im islamischen Recht machen. Ich hatte zehn Unterrichtsfächer, darunter islamische Rechtsprechung, Koranauslegung, Koranrezitation und natürlich Arabisch. Der gesamte Unterricht findet auf Arabisch statt.

Welche Dozenten und Studenten gibt es in Château-Chinon?

Die Lehrer sind vor allem Tunesier und Nigerianer, die in ihren Ländern Islam studiert haben. Die Studenten kommen vorwiegend aus Frankreich, aber auch aus Belgien, England, der Türkei und Deutschland. Fast die Hälfte sind Frauen.

Wie ist das Klima an der Universität?

Die Schule liegt außerhalb der Stadt, auf dem Land, wo es nur Bauernhöfe gibt. Wir sind unter uns, es ist also ein islamischer Bereich ganz für sich. Mit Unterrichtsräumen, Unterkünften und einer Moschee. Weil sich alle dort sehr für den Islam interessieren, hat man ein starkes Bedürfnis, den anderen mitzuteilen, was man selbst für richtig hält. Dadurch wird die Atmosphäre manchmal etwas angespannt.

Es gibt also unterschiedliche Ansichten?

Die Leute kommen ja mit völlig verschiedener Vorbildung dahin. Da gibt es auch Streitpunkte. Einige wollen zum Beispiel die Geschlechtertrennung im Unterricht einführen. Die legen alles ein bisschen härter aus. Auch wenn jemand Musik hört, gibt es immer wieder Diskussionen, ob das muslimisch ist. Aber da sind dann immer ältere Studenten, die das beruhigen und ganz weise klären. Das ist ganz schön.

Gibt es in Château-Chinon eine eindeutige Lehrmeinung?

Die Uni ist eher sunnitisch als schiitsch ausgerichtet. Aber eigentlich ist alles sehr allgemein. In den meisten Fächern, zum Beispiel bei der Lebensgeschichte des Propheten Mohammed, gibt es ohnehin keine Unterschiede. Da geht es eher um Fakten und Grundlagenwissen.

Wieso haben Sie nicht an einer deutschen Universität Islamwissenschaften studiert?

Ich wollte auf jeden Fall auf Arabisch studieren, das ist der Schlüssel für unsere Quellen. Und wenn der Islam von deutschen, nichtmuslimischen Professoren gelehrt wird, dann bekommt man wohl eher ein Bild vermittelt, wie es in Deutschland und Europa ohnehin schon herrscht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort so gelehrt wird, wie es sein sollte. Wenn aber der geplante Lehrstuhl für islamische Theologie in Hamburg eingerichtet wird, dann könnte ich mir vorstellen, selbst dort zu studieren. Aber die Dozenten sollten Muslime sein. Ich glaube, dass jemand, der den Islam selbst lebt, ihn ganz anders vermitteln kann. Deshalb finde ich die Hamburger Idee schön. Es hat ja auch nicht jeder die Möglichkeit, im Ausland zu studieren.

INTERVIEW: YASSIN MUSHARBASH