„Die Kunsthochschule hat Spielraum“

Rechtsanwalt Martin Klingner, der die Studiengebühr-Boykotteure vertritt, hält eine Exmatrikulation zum jetzigen Zeitpunkt für rechtswidrig. Verlängert sich der Boykott in den Herbst, könnte er Wahlkampfthema werden

MARTIN KLINGNER, Rechtsanwalt, betreute mehrere Treuhandkonten für Gebührengegner.

taz: Herr Klingner, Sie vertreten die 290 Studierenden der Hochschule für Bildende Künste, die die Zahlung der Studiengebühren verweigern. Wie ernst ist deren Lage?

Martin Klingner: Die Hochschule hat an alle Boykottierenden einen Brief verschickt mit der Aufforderung, bis zum 9. Juli zu zahlen. Sie droht an, sonst zu exmatrikulieren.

Wie haben die Studierenden darauf reagiert?

Sie haben dem HFBK-Präsidenten Martin Köttering einen Brief geschrieben, in dem sie ihn auffordern, die Drohung zurückzuziehen. Beigelegt war ein Gutachten meines Anwaltskollegen Joachim Schaller, in dem dieser darlegt, wann eine Exmatrikulation frühestens erfolgen könnte. Und zwar am 15. Oktober, zum voraussichtlichen Rückmeldetermin für das Wintersemester. Der Präsident hat darauf gleich reagiert und sein Bedauern ausgedrückt, dass es sich anders verhalte und er jetzt exmatrikulieren müsse. Aber was er sagt, ist Quatsch. Die Exmatrikulationsandrohung zum jetzigen Zeitpunkt ist rechtswidrig. Die Kunsthochschule hat ausreichend Spielraum, um die Forderungen der Studierenden nach Abschaffung der Studiengebühren politisch zu unterstützen.

Können Sie diese Zuversicht den Studierenden vermitteln?

Eine Exmatrikulation ist nur möglich, wenn Gebühren nicht gezahlt worden sind, die zum Rückmeldetermin fällig waren. Die Fälligkeit setzt ein konkretes Zahlungsdatum voraus. Die meisten Hamburger Hochschulen, auch die HFBK, haben als Zahlungstermin den 15. Juni angegeben. Da waren die Studierenden aber für das Sommersemester seit dem 13. April zurückgemeldet. Somit darf auch nicht exmatrikuliert werden.

Und was passiert, wenn Köttering es doch tut?

Die Studierenden wollen, dass er diesen Spielraum, den er hat, ausnutzt und sich auf ihre Seite stellt. Wenn die Hochschule mit der Drohung ernst macht, würde eine Exmatrikulation sofort mit entsprechenden Widersprüchen, gegebenenfalls mit Eilanträgen an das Verwaltungsgericht, beantwortet werden.

Wenn das Geld Mitte Oktober sowieso überwiesen werden muss, was bringt es dann, die Zahlung hinauszuzögern?

Wir sagen, bis zum 15. Oktober darf nichts unternommen werden in Richtung Exmatrikulation. Der Präsident könnte dies aber noch weiter hinausschieben, weil die Hochschule selber ihren Rückmeldetermin festlegen darf. Das erfordert mehr Mut, sich mit der Behörde anzulegen, als an der HFBK vorhanden ist. Die Zeit kann für politische Aktivitäten genutzt werden.

Aber dann ist Schluss?

Nein. Es ist ja nicht so, dass die Boykottgruppen der anderen Hochschulen aufgegeben haben. Die wollen es im Herbst zum Wintersemester noch mal, und besser, versuchen. Und je mehr sich der Boykott in den Wahlkampf verlagert, desto brisanter wird es. INTERVIEW: KAIJA KUTTER