Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Auf die Tour de France kann man sich nicht freuen, auf den anstehenden Integrationsgipfel auch nicht. Mehr Spaß verspricht, wenn es Wolfgang Schäuble einmal mit „Mehr Bundeswehr in Behindertenheime“ versuchen würde

Allein schon die Politik der Einladung zum Integrationsgipfel am kommenden Donnerstag ist eine aktive Diskriminierung

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Hatte mich eher intuitiv auf die Tour de France gefreut kurz.

Was wird besser in dieser?

Und täglich ging einer über Bord, tippe ich mal; man wird kaum noch wissen, wer jetzt gerade wieder erwischt und gesperrt wurde.

Am Donnerstag lädt die Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Integrationsgipfel. Wird das mehr als Show?

Auf den ersten Blick fehlt diesen Gipfeln das Flachland drum herum: Einmal im Jahr großes „Rhabarbern jetzt auch mit Knoblauch“ wirkt punktuell, „unser Dorf soll Döner werden“. Auf den zweiten Blick mag es ein nützliches Werkzeug sein, wenigstens Teile des Protests gegen die integrationsfeindliche Politik der Bundesregierung gar nicht erst auf die Straße zu lassen. Derzeit muss man ja schon argwöhnen, dass die nur Gipfel spielen, weil Schäuble dann einmal um den Tisch rollt und die Handys einsammelt. Drittens ist allein die Einladungspolitik schon aktive Diskriminierung: Die am wenigsten integrierte Zuwanderung ist nicht die herausgestellte, sondern die der vermeintlichen „Russlanddeutschen“. Die aber hat Kohl aktiv geholt wg. Wählerstimmen und Blutsideologie, und deren Kinder füllen die Jugendknäste.

Die Konservativen haben lange geleugnet, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Haben sie es denn jetzt begriffen?

Dass die Union das Thema als solches anerkennt, mag einer der unterbelichteten Erfolge dieser Koalition sein. Die Partei selbst wirkt auch im eigenen Personal hermetisch.

Ist der von Rechten getragene Widerstand gegen den Moscheebau in Köln nur ein Rückzugsgefecht? Oder die Zukunft, weil solcher Widerstand zunehmen wird, je sichtbarer Migranten Teil der Gesellschaft werden?

In den Lokalzeitungen lese ich seit 20 Jahren von dieser „Kirchturmspolitik reloaded“. Ich bin vom weltoffenen rheinisch-liberalen Geist herbe enttäuscht, denn gerade Köln taugt als Labor der Gemeinsamkeiten in vielen Beispielen. Irgendwann musste mal so ein Fall hochgejuxt werden, nun halt – leider – der.

Die hessische CDU-Kultusministerin Karin Wolff hat sich via Bild als lesbisch geoutet. Gleichzeitig steht sie Bibeltreuen Fundis nahe. Ist das der neue Konservativismus – liberal im Privaten, hart im Politischen?

Seit Schavan gehe ich davon aus, dass sich in dieser Rassenbande niemand selbst outet, der damit nicht Schlimmerem zuvorkommen möchte. Züge davon trug selbst Wowereits, „und das ist gut so“. Was soll’s. Merkel hat nicht Frauenpolitik gestärkt, und Schäuble macht nachgerade ostentativ keine andere Behindertenpolitik. Die Forderung „Mehr Bundeswehr in Behindertenheime“ wäre ja auch heikel, der Umkehrschluss „Mehr Kriegsdienstverweigerer in Auslandseinsätze“ machte nämlich Sinn. Jedenfalls: soll se, die Wölffin. Ist doch eine Ermutigung für alle, die meinen, sie könnten sich das nicht leisten.

Tom Cruise will in einem Film Graf Stauffenberg spielen. In Berlin bekommt die Produktionsfirma im Bendlerblock keine Drehgenehmigung, weil man den Scientologen Cruise für ungeeignet hält. Ist das richtig oder deutscher Kleingeist?

Ich kenne Drehbuch und Anliegen des Films nicht, deshalb halte ich es für möglicherweise sorgfältig, einer Produktion keine Authentizität zu verleihen, die dies inhaltlich nicht beanspruchen kann. Den Block im Studio nachzubauen ist harmlos, es geht der Produktionsfirma offensichtlich um Originalschauplatz-Adel.

80 Prozent der SPD-Anhänger findet richtig, was Lafontaine fordert: Bundeswehr raus aus Afghanistan, keine Rente mit 67, weg mit Hartz IV. Wie soll die SPD darauf reagieren?

Sie singt als neue Parteihymne „Wer hat (Bebels) Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät …“ und setzt damit Beck ein bisschen mehr auf die harmlos-sympathische Schweinchen-Dick-Schiene. Bei „Uhr gedreht“ wird Oskar als SPD-Chef aus dem Archiv gezeigt, und wenn das oft genug lief, haben sich alle lieb und vertragen sich wieder. FRAGEN: SR