Rausschmisse und Entlassungen

■ Der rumänische Boß mehrt sein rechtmäßig erworbenes Eigentum

Die seit Jahren in Rumänien zu beobachtende schwere Wirtschaftskrise hat sich erneut verschärft. Nach Zeitungsberichten vom Dienstag hatte Staats– und Parteichef Nicolae C. am Vortag die mangelnde Produktion im Bergbau, der Ölindustrie, der Chemiebranche sowie der metallverarbeitenden Industrie und im Maschinenbau scharf kritisiert. Die schlechten Ergebnisse seien auf Managementfehler und mangelnde Produktivität zurückzuführen, hatte C. vor dem Zentralkomitee der rumänischen KP gesagt. Das Zentralkomitee schloß den ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Gheorghe P. und den ehemaligen Energieminister Ioan A. aus dem ZK aus. Sie waren zuvor wegen „mangelnder Erfüllung der Anforderungen“ ihrer Ämter in der Regierung enthoben worden. Die beiden Politiker übten vor dem ZK Selbstkritik, berichten die Zeitungen. Sie empfänden den Ausschluß als „gerecht“. Stefan A., langjähriger Außenminister des Landes, wurde vom ZK jetzt auch von seiner neuen Position als ZK–Sekretär entbunden. Zusätzlich wurden weitere neun Minister ihres Amtes enthoben, darunter der Innenminister und der Justizminister. Das Kommen und Gehen der Minister ist für die Rumänen längst zum Alltag geworden. Die vielen Namen überblickt keiner mehr, und noch weniger über– und durchschaubar wird dadurch, wieviele Positionen C. an seinen Clan verteilt hat. Die verschärfte Wirtschaftskrise läßt für den kommenden Winter erneut Strom– und Gassperren, demnach Temperaturen von höchstens zwölf Grad in den Wohnungen, sowie ein Verbot des privaten Autoverkehrs erwarten. In einem Land, in dem die Grundnahrungsmittel fehlen, fordert C. eine verschärfte Kontrolle des „unrechtmäßig erworbenen“ privaten Eigentums. Eins scheint ihm noch nicht aufgefallen zu sein: daß in Rumänien, dank seiner langjährigen „genialen Führung“, schon lange nichts mehr rechtmäßig erworben werden kann. Ernest Wichner/Herta Müller