„Ein Gnadenantrag für Otto Schily“

NPD-Anwalt Horst Mahler propagiert den „Aufstand“ des deutschen Volkes. Die Bundesregierung gehört seiner Meinung nach hinter Gitter

taz: Herr Mahler, früher war Otto Schily Ihr Anwalt und Freund, heute ist er Innenminister und kämpft für das Verbot Ihrer Partei, der NPD. Duzen Sie sich noch wie früher?

Horst Mahler: Ich glaube, dass Otto Schily sich das heute wohl verbittet. Also werde ich ihm die Peinlichkeit ersparen.

Gerhard Schröder war auch schon mehrfach Ihr Rechtsbeistand, unter anderem bei Ihrer Wiederzulassung als Anwalt in den 80er-Jahren. Haben Sie sich mit ihm damals eigentlich auch geduzt?

Ja, aber der Kontakt war nie so eng wie mit Schily, den ich als integren Freund und Kollegen kennen gelernt habe. Er wäre wohl der Einzige, für den ich mal einen Gnadenantrag stellen würde.

Wie bitte? In welcher Situation wollen Sie für Schily einen Gnadenantrag stellen?

Wenn in Deutschland das Recht wieder hergestellt ist und die Bundesregierung hinter Gittern sitzt – wegen ihrer Teilnahme an den Angriffskriegen in Serbien und Afghanistan und wegen der zum Völkermord am deutschen Volk führenden Multiethnisierung Deutschlands.

Viele Beobachter haben den Eindruck, dass Ihre Äußerungen und Schriftsätze die NPD einem Verbot eher näher bringen als sie davor zu schützen …

Ich bin nicht die NPD. Wenn ich mich als Privatmann, als politischer Schriftsteller oder als Mitarbeiter des Deutschen Kollegs äußere, dann ist das nicht unbedingt die Position der NPD.

In Ihrem jüngsten Schriftsatz propagieren Sie den „Aufstand“ des deutschen Volkes gegen das Ihrer Meinung nach herrschende „Vasallenregime“. Wie steht die NPD zu solchen Positionen?

Meine juristische Strategie ist im Grundsatz von einem Parteitag im März 2001 gebilligt worden. Damals hat die Partei akzeptiert, dass das heutige Grundgesetz nicht der alleinige Rahmen des politischen Denkens sein kann. Vielmehr bietet Artikel 146 des Grundgesetzes auch die Möglichkeit, dass sich das deutsche Volk „in freier Entscheidung“ eine neue Verfassung gibt.

Sind also die Aussagen in Ihren Schriftsätzen der NPD zuzurechnen – etwa wenn Sie „die Judenfrage“ erörtern und dabei vermeintliche Gründe für den Judenhass aufzählen?

Ich bin als Anwalt ein Organ der Rechtspflege und entwickele dabei natürlich auch eigenen Gedanken, um meine Argumentation zu untermauern. Die Gedanken eines Verteidigers sind dem Mandanten nicht zuzurechnen.

Wie findet die NPD dann Ihre Schriftsätze? Hat sie sich schon einmal von Ihnen distanziert?

Warum sollte sie das tun? Das wäre ja noch schöner. Manches wird zwar nicht verstanden. Nach gründlicher Lektüre findet sie das meiste jedoch gut. Und wenn der NPD meine Arbeit nicht passt, kann sie sich ja einen anderen Anwalt suchen.

In der NPD gibt es Menschen, die Ihren Kurs für gefährlich halten. So hat das ehemalige Vorstandsmitglied Lennart Aae die Frage aufgeworfen, ob Sie „geisteskrank“ seien oder ein Geheimdienst-Provokateur …

Er ist deshalb auch seines Amtes enthoben worden.

Gerade angesichts der bisherigen Enthüllungen ist die Frage ja nicht völlig abwegig: Sind auch Sie ein V-Mann des Verfassungsschutz?

Sie erwarten doch wohl keine Antwort auf diese Frage?

Man sagt, in der NPD hätten sich vor allem die beiden (Ex-)V-Leute Holtmann und Frenz dafür stark gemacht, dass Sie das Prozess-Mandat erhalten. Ist das nicht merkwürdig?

Ich habe an den entsprechenden Diskussionen nicht teilgenommen und mich auch später nicht für solche Fragen interessiert. Außerdem war Frenz in der fraglichen Zeit bereits „weg vom Fenster“.

Sie sind im Verbotsverfahren sicher die schillerndste Persönlichkeit. Ist dieses Mandat für Sie auch eine berufliche und politische Chance?

Ich habe mich überhaupt nicht um dieses Mandat gerissen. Aber als sich kein anderer renommierter Anwalt an dieses Verfahren herantraute, blieb mir nichts anderes übrig.

Interview: CHRISTIAN RATH