Freie Bahn für US-Unternehmen in Kolumbien

Die USA und Kolumbien vereinbaren ein Freihandelsabkommen. Kritiker in Kolumbien befürchten katastrophale Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft und kritisieren, der Deal sei völlig „asymmetrisch“ zugunsten der USA

PORTO ALEGRE taz ■ Es kam, wie es kommen musste. Vorgestern früh verkündeten übermüdete US-amerikanische und kolumbianische Unterhändler vor der Presse in Washington, sie hätten sich auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Die New York Times analysierte den Deal als „seltenen Sieg der Regierung Bush in Lateinamerika“. Die Zeche dürften vor allem kolumbianische Groß- und Kleinbauern bezahlen. „Düstere Aussichten für den größten Teil unserer Landwirtschaft“ sieht Rafael Hernández vom Verband der Reisbauern heraufziehen. Kolumbien habe in allen Punkten nachgegeben. Eine Überschwemmung des Marktes durch subventionierte US-Agrarimporte ist absehbar.

Bereits die Ausgangsbedingungen waren ungünstig: Für die Andenstaaten Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien laufen Ende 2006 Handelspräferenzen aus, die ihnen erstmals 1992 im Rahmen von Washingtons „Antidrogenkrieg“ eingeräumt worden waren. Durch den erleichterten Zugang für legale Produkte zu den US-Märkten, so das Kalkül, werde der Koka-Anbau erschwert. Die USA wollten diese Regelung nun durch bilaterale Freihandelsabkommen ersetzen, denn wegen des Widerstands aus Brasilien, Argentinien und Venezuela liegt der Plan einer gesamtamerikanischen Freihandelszone seit Jahren auf Eis.

Größte Gewinner des nun beschlossenen Abkommens, das bis Jahresende durch die Parlamente ratifiziert werden soll, sind US-amerikanische Firmen. Banken und Versicherungen haben nun freie Bahn. Verpflichtungen, einheimisches Personal einzustellen, werden abgebaut. Der Anteil von US-Produktionen im Fernsehen wird erhöht. Gegen die Herstellung von billigen Generika können Pharmaunternehmen künftig klagen.

„Es ist ein asymmetrisches Abkommen“, schimpfte der Handelsexperte und Exdiplomat Germán Umaña Mendoza. „In Kolumbien gewinnen die Multis, Importeure und einige wenige Exporteure.“ Der Ökologe Andrés Gracía Hurtado wies darauf hin, dass US-Firmen künftig ohne Genehmigung Kolumbiens Artenvielfalt plündern und entsprechende Produkte patentieren können: „Wir verschenken genetische Ressourcen und das Wissen der Indigenas und Bauern.“ Präsident Álvaro Uribe, der letzte Woche ohne Zugeständnisse aus Washington zurückkam, behauptete hingegen zum Abschluss einer 45-minütigen Fernsehansprache, das Abkommen sei eine „Chance zur Beseitigung der Armut“. GERHARD DILGER