Rechte Zeichenspiele

Die Verfassungsschützer Berlins und Brandenburgs informieren in einer Broschüre über Neonazi-Symbole

Die Zeiten sind vorbei, in denen nur als Neonazi galt, wer Springerstiefel trug und auf dessen T-Shirt der Aufdruck „Ich bin stolz ein Deutscher zu sein“ zu lesen war. Nazi-Symbole werden immer vielfältiger, versteckter und sind immer schwieriger zu entschlüsseln. Denn die Szene zeichnet sich in den letzten Jahren durch eine wachsende Kreativität aus. Über 120 Symbole und Codes zählt das Antifaschistische Pressearchiv (Apabiz) in Berlin inzwischen.

Eine Hilfe, die Neonazis trotzdem zu erkennen, bieten jetzt auch die Verfassungsschutzbehörden von Berlin und Brandenburg. Gestern stellten sie eine Broschüre über Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus vor. Auf 36 Seiten informiert sie über Zeichen, Grußformeln und Codes der Neonazis und stellt deren Bedeutung, historischen Hintergrund und mögliche strafrechtliche Verfolgung dar.

Die Broschüre wendet sich vor allem an Schüler und Jugendliche, aber auch an Lehrer, Eltern und die Polizei. Diese sollen die Symbole nicht nur deuten können, sondern auch wissen, ob sie strafrechtlich verboten sind.

So erklärt die Broschüre die Zahlenspiele der Rechten. Denn die Begrüßung „Heil Hitler“ kennt wohl jeder. Dass der Slogan gerne durch die „88“ abgekürzt wird, weil der achte Buchstabe im Alphabet ein H ist, ist vielleicht auch einigen bekannt. Aber wer würde schon einen Mitschüler verdächtigen, nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten, weil auf dessen Sporthemd die Zahl 124 steht? 124 bedeutet in rechtsextremen Kreisen „ausländerbefreites Deutschland“.

Beliebt in der Naziszene ist auch der Code „168:1“, der sich nicht auf ein Ereignis während des Dritten Reichs und erst recht nicht auf ein Sportereignis bezieht. Der Code 168:1 ist zurückzuführen auf das Bombenattentat des amerikanischen Rechtsextremisten Timothy McVeigh 1995 in Oklahoma City, bei dem 168 Menschen getötet wurden.

Andere versteckte Symbole findet man auch auf den in der Naziszene gern getragenen T-Shirts mit der Aufschrift „Consdaple“, die so unter offener Jacke getragen werden, dass nur die Mitte des Wortes, „NSDAP“, zu lesen ist.

Verbotene Symbole ändern sich, und der Gesetzgeber zieht nach. Mittlerweile ist nicht mehr nur der Hitlergruß verboten, sondern auch der „Widerstandsgruß“, der erst auf das Verbot des Hitlergrußes hin entstand. Auch darüber gibt die Broschüre Auskunft; ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit zeitgenössischer rechtsextremer Musik und verbotenen Personenzusammenschlüssen sowie deren Kennzeichen.

Die Broschüre erscheint dieses Jahr in 4., überarbeiteter Auflage. Das Heft kann kann bei den Verfassungsbehörden angefordert werden. Zumindest für die nächste Zeit kann sie wieder Anhaltspunkte dafür bieten, rechtsextremistische Symbole zu erkennen. Anleitungen, wie damit umzugehen ist, gibt sie aber nicht. Sophie Haarhaus

www.verfassungschutz-berlin.de